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Verrückte Liebe zum Detail

■ Der Neustädter Ortsamtsleiter Fischer fördert die Kampagne zur Rettung des Bremer Hauses. Er fordert: Handwerker müssen sich vernetzen und Hausbesitzer umdenken

Bremen hat die Putzsucht. Allenthalben wird gewienert, gebaut und verschönert. Nach der City soll jetzt in den Stadtteilen das „Bremer Haus“ aufgemöbelt werden. Die Baubehörde hat zusammen mit den Beratern von „Umweltgerechtes Bauen und Sanieren“ (UBUS), eine Imagekampagne gestartet. Am Ende sollen verschiedene Reihenhausreihen modell-saniert werden. Die taz sprach darüber mit dem Neustädter Ortsamtsleiter Klaus-Peter Fischer.

taz: Was hält der Beirat von dieser Imagekampagne?

Fischer: Es kam keine totale Freude oder Ablehnung auf; eher interessiertes Abwarten. Man erwartet auch, daß jetzt der Wunsch nach Beiratsmitteln laut wird. Aber natürlich halten wir in der Neustadt gerne als Modellstadtteil her. Da gibt es viele Häuser, an denen man zeigen könnte, wie man mit dem Bremer Haus im Jahr 1998 nicht mehr umgehen sollte.

Wie sollte man denn mit ihm umgehen?

Es als Kulturgut ansehen und es nicht kaputtsanieren, malträtieren, zukleistern mit Bitumenfassaden oder weißen Riemchen wie eine Fleischerei.

Welchen Sinn macht es, nur Modellsanierung teilweise zu bezuschussen, in der Hoffnung, hinterher würden es andere schon nachmachen?

Man will ja nicht nur das Bremer Haus in altem Glanz wiederherstellen, sondern auch ansässige Betriebe fitter machen, fachkompetent zu beraten und sich zu vernetzen. Die Rattenfänger von damals, die den Hausbesitzern reihenweise Plastikwände verkauft haben, haben ja nicht nur die Ästhetik zerstört. Sie haben vor allem dazu beigetragen, die Bausubstanz zu mindern: Weil die Materialien nicht paßten oder nicht ordnungsgemäß angebracht wurden, gibt es in den Häusern Nässeschäden, Kältebrücken usw.

Sie haben ja selbst einen Altbau saniert. Wie schwierig war es , kompetente Betriebe zu finden?

Davon gibt es genug; allerdings nicht gut genug vernetzt. Deshalb braucht man viele Insider-Informationen und quasi konspirative Absprachen in irgendwelchen Hinterzimmern, um zu erfahren, wo es noch gebrauchte Bremer Haustüren gibt, wo es noch einen begnadeten Feinmechaniker gibt, der die dazugehörigen Beschläge repariert, wo es die Spezial-Deckenfarbe für Stuck gibt. Falls man mich als Ortsamtsleiter mal nicht mehr mag, könnte ich mir als Berater eine lukrative Existenz aufbauen. Man lernt dabei übrigens total nette, vielleicht irgendwie verrückte Leute kennen; möglicherweise wie ich. Was bin ich hinter Containern hergelaufen, um da alte Türen rauszuholen. Und als ich meine neuen Eichen-Furnier-Türen dafür rausgestellt habe, dachten die Nachbarn, jetzt dreht der Fischer ganz durch.

Drehte er denn durch – oder was war?

Ach, es ist toll, wenn man die neue Athmosphäre körperlich spürt, wenn man Plastik und Teppichboden rauschmeißt und die alten Dielen von 1906 freilegt. Wir haben seitdem ein anderes Klima und mit Allergien weniger Probleme.

Wobei war's am schwierigsten, Rat zu finden?

Beim Reparieren von Stuck ohne Styropor und bei Türrahmen. In der Neustadt gibt's so eine bestimmte Kreis-Fräsung. Bei Grasberg habe ich dann endlich einen Schreiner gefunden, der dafür eine Fräse angeschmissen hat, die die Gewerbeaufsicht schon nicht mehr genehmigt hatte. Sie müssen Leute finden, die Lust am Detail haben. Man kann nicht einfach das Aufmaß machen, rechter Winkel, und dann läuft das – im Bremer Haus ist alles schief und krumm. Wer sowas saniert, darf ihnen nicht den ganzen Mehraufwand mit einem Riesenberg zusätzlicher Kosten in Rechnung stellen. Der muß genauso verrückt sein wie der, dem das Haus gehört.

Die Staatsrätin im Bremer Bauressort, Ursula Luther, kritisiert, daß in Bremen jeder machen konnte, was er wollte und erwägt strengere Auflagen. Was halten Sie davon?

Sehr viel. In anderen Bundesländern sind „Gestaltungssatzungen“ gang und gäbe, da erklärt man bestimmte Straßenzüge im Ensemble für erhaltungswürdig. Dann ist bis ins Kleinste festgelegt, was an Veränderungen erlaubt ist. Ich glaube aber, man kann den Hauseigentümern das erklären – in dem Sinn, daß viele Verschandelungen den Wert des Hauses mindern. Man sollte auch den Ensemblegedanken wiederbeleben – ohne daß da Gleichmacherei entsteht. Aber da müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Dabei sind vor allem sachliche Argumente gefragt, es geht nicht darum, jemandem zu sagen, du müßtest dich schämen, wie du das Haus kaputtsaniert hast.

Fragen: Eva Rhode

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