Sind Sie beschäftigt?: „Ich mache mich jetzt noch nicht fertig“
■ Die angehende Psychologiestudentin Antje meint, Arbeitslose sollten nicht nur sich selbst, sondern dem Arbeitsmarkt die Schuld geben. „Sonst wird man um so depressiver.“
Nur vier von zehn BerlinerInnen gehen einer Erwerbsarbeit nach. Die taz fragt täglich die Menschen: „Sind Sie beschäftigt?“
Die 23jährige Studentin Antje: Ich habe keine Arbeit. Ich fange im Wintersemester zu studieren an und suche gerade einen Job. Es ist schwer, einen gutbezahlten Job zu finden. Einen 620-Mark- Job zu finden ist eigentlich einfach.
Ich möchte Psychologie studieren. Die Arbeitsaussichten danach sind für mich kein Beweggrund. Am Anfang des Studiums mache ich mir darüber keine Gedanken, das werde ich hinterher sehen. Gerade weil alles mehr oder weniger unsicher ist, kann man viel mehr sagen, das will ich jetzt machen.
Arbeitslosigkeit ist schon ein Thema. Aber ich mache mir da nicht so viele Gedanken darüber. Je mehr man sich Gedanken macht, desto depressiver wird man. Es geht darum, ob man sich damit fertigmacht, wenn man keine Arbeit findet, oder sagt, okay, es ist nicht meine Schuld, sondern der Arbeitsmarkt ist eben so.
Arbeitslose könnten schon eine Therapie machen, damit das Selbstwertgefühl nicht sinkt, dadurch daß man keine Arbeit hat, sondern daß man genau sieht, woran es liegt, nämlich an dem, was die Betriebe bieten, und nicht an einem selber. Ich bin auch nicht so sicher, daß ich schnell was finde, aber ich habe bisher immer was gefunden. Okay, das waren kleine Jobs. Ich kann es mir aber auch bei großen Jobs vorstellen.
Ich kenne Leute, die sind vierzig, fünfzig Jahre alt, die ein, zwei Jahre arbeitslos waren und sich nicht haben entmutigen lassen und die dann doch was gefunden haben, was vielleicht nicht so toll war. Dann haben sie sich wieder beworben, bis sie was gefunden haben, was ihnen Spaß macht. Ich bin optimistisch von Hause aus. Aber es ist auch nicht so, daß ich denke, ich finde jetzt gleich was, sofort. Ich mache mich jetzt erst mal nicht fertig. Barbara Bollwahn
wird fortgesetzt
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