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■ NachschlagDie Popette Betancor beim Comedy Sommer in der Bar jeder Vernunft

Was ist zirka 1,65 Meter und hat die beweglichsten Augenbrauen im ganzen Ruhrpott? Richtig, das ist die Popette Betancor, Königin der AlleinunterhalterInnen, schnellsprechende Prinzessin der musikalisch begleiteten Stand-ups, „Nichtchansonette“, die glücklicherweise wirklich kaum Chansons singt, sondern Anekdötchen herunterrattert, mit der Linken in die Tasten hauende und mit der Rechten Chet-Baker-Soli auf der Trompete spielende Musikerin, die ihre Witze teilweise so gut versteckt wie ihre vielzitierten „ständig fickenden“ Tauben („haben die eigentlich keine Saison?“) die Eier („für die ist nämlich immer Ostern“) und das spanische Halbblut, das irgendwann vor dem Spiegel stand und mit rheinischem Charme zu sich sagte: „Genau, ich bin feurig, ich bin temperamentvoll, alles beides.“ Ist sie übrigens wirklich. Abgesehen von vorhandener Stimme und den musikalischen Fertigkeiten leistet sie auch noch notwendige Beiträge zu wichtigen Themen: in ihrem aktuellen Programm „Endlich allein“, das sie im Rahmen des Frauen- Comedy-Sommers in der Bar jeder Vernunft vor wohlgesonnenem Publikum sang und aufführte, ist fast jedes Stück richtig und gut. Ob sie am Klavier eine psychisch verwirrte Kleinfamilie im Country Golf auf der Autobahn nach Spanien besingt und beschattet und dabei kongenial das alte Jazzstandard „Twisted“ (nach Joni Mitchells charmanten 74er Vision) neu interpretiert, ob sie über ihren Traum von Goldfischen auf Jägerzäunen staunt, den sie im Traumdeutungsbuch nachschlagen wollte, aber „den gibt's überhaupt nicht, den Traum!“, oder mit einer klitzekleinen „Wandergitarre“ bewaffnet von der „Tick Tack Oma“ schwärmt, die sie im Zug nach Spanien aufgerissen hat. Und die der Popette Geschichten über den Sohnemann erzählt und daß sie versucht, den Mann der Nachbarin anzubasteln, der ihr immer – Knickknack – zuzwinkert, wenn man sich im Treppenhaus begegnet. Und wenn die Popette „Oma“ sagt, klingt das natürlich wie „Omma“, denn in Essen sind die Vokale kurz.

Das Ambiente des Spiegelzelts wirft zwar etwas unnötige Eleganz auf die Popette, die um so lustiger ist, je spontaner und schneller sie denkt, spricht und handelt. Aber als Zugabe raschelt sie mit einem Taubenei und rappt dazu einen „Hip(p)hop-Song“, in dem sich zwei Babies über Hipp-Babynahrung austauschen, und man versteht. Frau Betancor, die ehemalige Helge-Schneider-Bandkollegin und „College of Hearts“-Mitspielerin, hat Stil, Talent und einen unnachahmlichen Witz, und wer's nicht so sieht, der soll doch zum Lachen in den Keller gehen – oder gleich in Cheyenne bleiben. Jenni Zylka

Wieder am 6.7, 20 Uhr, Bar jeder Vernunft, Schaperstraße

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