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Alles in allem pretty british

■ Peter Duncans moderne Satanisten machen blasphemische Sprüche, tragen Khaki und trinken etwas zuviel: „Zum Teufel mit der Seele“

Männer und Frauen in dezent khakifarbenen Anzügen und großen hellen Hüten machen blasphemische Sprüche und trinken viel, untermalt von obskurer Swingmusik: Dieser australische Film ist pretty british. Drehbuchautor und Regisseur Peter Duncan strickt eine faustische Geschichte um vier Menschen und was sie umtreibt. Da haben wir Godfrey Usher (brillant: Oscar-Gewinner Goeffrey Rush aus „Shine“), eine Sickergrube für alkoholische Getränke, Schatzkanzler und einer der ersten Männer im Land mit einem Faible für alberne SM-Spiele und Satanismus. Seine fidele Frau Grace Michael (Heather Mitchell) steht den ungewöhnlichen Hobbys ihres Gatten um nichts nach, hat allerdings noch andere Sorgen: Sie wird in Kürze 39f., ihre „fazialen Linien“ wachsen sich langsam zu Behringgräben aus. Darum bietet sie dem jungen, zerstrittenen Wissenschaftlerpärchen Dr. Richard Shorkinghorn (David Wenham) und dessen Exassistentin und Exfreundin Kate Haslett (Frances O'Connor) bei einem gemeinsamen Wochenende auf dem Lande die finanzielle Förderung an, die die beiden für die Weiterführung ihres sogenannten „Unsterblichkeitsprojekts“ brauchen. Sie wollen, nun wieder vereint, die Medizin finden, die die Zellalterung verhindert. Weil ihre Gönner aber moderne Satanisten sind und den jungen ForscherInnen im Gegenzug zum wissenschaftlichen Erfolg die Seele abkaufen, geht es dem Doktor und seiner Assistentin wie Doktor Faust: Die Geister, die sie riefen, die werden sie nicht los. Im Gegenteil, der verrückte Godfrey, der aus Angst vor politischen Interviews immer Spickzettel über den Zusammenhang zwischen Dollarkursen und Wirtschaftsentwicklung mit sich trägt, und seine morbid-erotische Gattin mischen sich fortan in das Leben des sinistren Pärchens, bis es zu einem Eklat kommt, in dessen Ablauf Godfrey angesichts eines Jesuskreuzes bemerken wird: „Das soll mir Angst machen? Ein langhaariger jüdischer Sozialist und Bauernhippie an Holz gepinnt?“

So entwickelt sich ein Reigen um Satanskult und sexuelle Verklemmtheit, eine Geschichte, bei der sich Brad und Janet aus der Rocky Horror Picture Show unversehens in dem Monty-Python- Sketch wiederfinden, in dem „Mr. Death“ zum Essen kommt, und auch die Gäste mitnimmt, die gar nichts von der Lachsschaumspeise gegessen haben. Die streckenweise langatmige Story gerät dramaturgisch manchmal etwas aus den Fugen, als ob sich der Regisseur, der hier seinen zweiten Spielfilm und seine erste Komödie inszenierte, mit der Doppelbelastung durch Drehbuch und Regie einfach zuviel vorgenommen hätte. Aber recht gut unterhalten fühlt man sich trotzdem, spätestens wenn die Wissenschaftlerin Kate sich, untermalt von permanent gackernden Hühnern, an ihre Mäzenin heran- „gackert“, kichert man leise eine Runde mit. Jenni Zylka

„Zum Teufel mit der Seele“. Regie: Peter Duncan. Mit Geoffrey Rush, Frances O'Connor, David Wenham, Heather Mitchell, Australien 1997, 83 Min.

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