: Naturschutz auf die Rote Liste gesetzt
■ Höltigbaum: Senat läßt Umweltsenator abblitzen / Tod für Biotop befürchtet Von Marco Carini
Wutschnaubend verließ der Umweltsenator die Senats-Sitzung. „Eine bittere persönliche Enttäuschung“, so verriet Fritz Vahrenholt im internen Kreis, sei diese Entscheidung für ihn gewesen. Das Regierungsgremium, allen voran Bürgermeister Voscherau und Stadtentwicklungs-Senator Thomas Mirow, hatte Vahrenholt gerade sein Lieblings-Naturschutzprojekt blockiert: Die „Sicherstellung“ des ehemaligen Truppenübungsplatzes Höltigbaum, den der Umweltsenator zum Naturschutzgebiet erklären wollte. Vahrenholt verärgert: „Mit diesem Beschluß habe ich niemals gerechnet“.
Dabei schien alles klar. Bei der Erstellung des Hamburger Flächennutzungsplans hatte Vahrenholt fast alle Ambitionen abwehren können, das Rahlstedter Übungs-Gelände zu bebauen. Nur auf einem Teilstück darf Gewerbe angesiedelt werden. Der Rest der 253 Hektar sollte als „herausragendes Biotop“ erhalten bleiben. 58 Pflanzen- und 78 gefährdete Tierarten, die auf der „Roten Liste“ stehen, gibt es hier zu entdecken. „In einmaliger Dichte“, so Naturschutzbund-Mitarbeiter Manfred Prügel, „leben hier Tiere und Pflanzen, die wir in Hamburg sonst nur noch ganz vereinzelt finden“.
Bereits im April hatte Vahrenholt angekündigt, die wertvolle Fläche würde in drei Jahren zum Naturschutzgebiet erklärt. Damit die Natur bis dahin nicht durch „intensive Freizeitnutzung“ zerstört werde, wollte Vahrenholt das Gebiet vergangene Woche vom Senat „sicherstellen“ lassen. Ab sofort hätten dann alle Naturschutzbestimmungen auf dem Areal Anwendung gefunden, Verstöße hätten mit einem Bußgeld geahndet werden können.
Die Eile tut not: Seit die Militärzäune gefallen sind, tummeln sich in dem Ökotop Moto-Cross-Fahrer und Kampfhund-Trainer, Reiter und Grill-Freunde. Manfred Prügel: „Wenn das so weitergeht, bleibt von diesem einmaligen Biotop in kürzester Zeit nichts übrig“.
Doch im Senat biß sich Vahrenholt an Voscherau und Mirow die Zähne aus. „Wir planen zur Zeit keine Bebauung des Geländes, versichert Mirows Sprecher Bernd Meyer zwar, ergänzt aber: „Falls Hamburgs Bevölkerung weiter wächst, kann es sein, daß über die Nutzung des Geländes neu nachgedacht werden muß“. Zwar sei das Naturschutzgebiet Höltigbaum gekippt, ein Landschaftsplan für das Gebiet werde aber erarbeitet. Meyer: „Der bietet genausoviel Schutz, ist aber leichter rückholbar, wenn die Fläche in 25 Jahren doch bebaut werden muß“.
Rund zwei Jahre wird die Ausarbeitung des Landschaftsplans dauern. Daß das Biotop dann schon zerstört sein könnte, mag Meyer nicht glauben: „Schon heute ist das Gelände vor Natureingriffen geschützt“.
In der Umweltbehörde ist man da anderer Meinung: „Die Landschaftsschutz-Regelungen reichen nicht aus, um dieses Ökotop zu retten“.
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