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It's a Zoni. Fußnote zu Gundermann Von Wiglaf Droste

Als während des Spiels Deutschland gegen Jugoslawien der aus Ostdeutschland stammende Fußballer Jens Jeremies beim vergeblichen Versuch, einen Ball noch aus dem eigenen Tor herauszuschießen, einen gleichermaßen übermotivierten, hyperehrgeizigen wie ungeschickten und tölpeligen Eindruck machte, da lachte Bruder Finn, der neben mir vor dem TV- Apparat lag, trocken: „It's a Zoni.“

In der Nacht zuvor war Gerhard Gundermann abgetreten. Wie vor ihm schon Tamara Danz, die Sängerin der Schreckensband Silly, galt Gundermann mit Eintritt des Todes schlagartig als Ikone einer imaginären besseren DDR, was immer das auch gewesen sein soll oder sei, denn „das beste an der DDR“, da hat Hermann Kant ganz recht, „war doch, daß es sie gab.“

Der Zopfträger Gundermann aber wurde zu einer Art Ersatzkassenjesus stilisiert; offenbar tief und klaffend ist die Wunde, die sein Ableben im Osten Deutschlands hinterläßt. Dabei war an Gundermann doch weniger unangenehm, daß er acht Jahre lang für die Stasi arbeitete, als daß er freiwillig, in Übererfüllung des Plansolls quasi, anderer Leute Unterhosengeschichten ausplauderte. Und sich dann, als alles aufkam, mit exakt wieder derselben grauenhaften Übermotiviertheit öffentlich schämte über seine „ekligen Petzberichte“, wie er selbst sie nannte – er wird's wohl gewußt haben.

So landete Gundermann am Ende da, wo die Leute zusammenhocken, die so gerne von ihren „früheren Irrtümern“ schwärmen, wenn sie nur heute und morgen wieder vorne mit dabei sein können, und die dreimal in der Woche etwas anderes erzählen und dabei immer erster Mann an der Spitze sind: bei den sogenannten Reformern von der SPD. Als nämlich Gundermann vor vier Jahren im Vorprogramm von Bob Dylan spielte, wurde er zu diesem Anlaß von Ralph Stolle für die junge Welt interviewt. Hier noch einmal ein Auszug zur Erinnerung:

Stolle: „Dylan soll als Typ grummelig, verschlossen und saturiert sein. Rechnest du damit, mal mit ihm reden zu können?“

Gundermann: „Ich war nie der „Walter Ulbricht die Hand schütteln und dann sterben“-Typ. Wenn's ein Problem gibt, wenn er 'ne Frage hat, werden wir sicher reden. Aber das ist unwahrscheinlich.“

Stolle: „Würdest du mit ihm reden wollen oder lieber nur ein Bier trinken und auf euren Gitarren klimpern?“

Gundermann: „Ich trink' ja kein Bier ... Und was die Gitarre betrifft: Da träfen dann zwei absolute Nichtskönner aufeinander, na ja, könnte auch schon wieder interessant werden.“

Der selbstloberische Duktus, in dem Gundermann es fertigbringt, Dylan mit Ulbricht und mit sich selbst gleichzusetzen, macht jeden weiteren Nachruf auf Gundermann überflüssig; der Mann hat seinen festen Platz in der Peinlichkeitsgeschichte der Menschheit gefunden. Ich aber werde mit Freunden eine Gitarrenklimperband gründen, mit gruselig wolkigen Texten und Melodien zum Zähneziehen, und diese Kapelle, gewissermaßen zum Andenken Gundermanns, soll Country-Walter heißen. Und dann werden wir beweisen, daß wir schon zu DDR-Zeiten noch widerständiger, noch zensierter und sogar noch verbotener waren als Tamara Danz und Gerhard Gundermann zusammen.

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