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■ Filmstarts a'la carteHunde in Pink

Mit „Sirene in Blond“ konnte in den fünfziger Jahren eigentlich nur ein Filmstar gemeint sein. Nein, nicht etwa die im Vergleich subtil anmutende Marilyn Monroe, sondern jenes weibliche Wesen, das als fleischgewordene Karikatur der dummen Blondine das Publicity-Spiel mit einer sensationsgeilen Presse beherrschte wie keine andere: Jayne Mansfield.

Jene Jayne Mansfield, die vom sonst eher britisch-höflichen David Niven ob ihrer gern und viel gezeigten besten Körperpartien einmal als „Miß Vereinigte Meiereibetriebe“ tituliert wurde. Jayne Mansfield, die den ungarischen „Mister Universum“ Mickey Hargitay ehelichte. Jayne Mansfield, deren Hund das Zeitliche segnete, als sie versuchte ihn Pink einzufärben.

In Frank Tashlins Film begegnen sie uns alle wieder: der farbige Pudel, die gierigen Journalisten sowie der unvermeidliche Hargitay, der in seiner Rolle als Affenmenschdarsteller Bobo Brannigansky kaum einen zusammenhängenden Satz äußern darf. Und allen voran natürlich La Mansfield, die sich als Filmstar Rita Marlowe einfach selbst parodiert. Oder spielt sie sich selbst?

Es fällt schwer, im Zusammenhang mit „Sirene in Blond“ von Satire zu sprechen, denn hier wird nichts angegriffen oder entlarvt – vielmehr feiert der Film, worüber er sich gleichzeitig lustig macht. Die Leute wollen Jayne Mansfield, und sie bekommen – um den Titel eines Gemäldes von Joan Miró zu zitieren – „Die kleine Blonde im Park der Attraktionen“: in CinemaScope und in den schrillen Farben von DeLuxe. Als eigentlicher Feind ist nämlich das kleinformatige, schwarzweiße – aber ungeheuer populäre – Fernsehen der Fünfziger auszumachen – nicht zuletzt deshalb sollte man sich die „Sirene in Blond“ auf der großen Leinwand eines Lichtspieltheaters ansehen.

Der Originaltitel des Films setzt übrigens andere Akzente: „Will Success Spoil Rock Hunter?“ lautet da die alles entscheidende Frage. Den kleinen Werbetexter Hunter, der ob seiner plötzlichen Beziehung zum glamourösen Filmstar dem unaufhaltsamen beruflichen Aufstieg (er bekommt die höheren Weihen: den Schlüssel zur Direktionstoilette) entgegensieht, verkörpert der wunderbare Tony Randall mit jener leicht resignierten Irritiertheit, die auch Cary Grant immer so gut zu Gesicht stand.

Bleibt nur noch ein Rätsel zu lösen: Warum zeigt das Zeughauskino „Sirene in Blond“ in einer Musikfilmreihe?

Mit einer Hommage an Ingrid Bergman feiert das Notausgang seine Wiedereröffnung. Dort kommen neben Stanley Donens „Indiskret“ mit seinen amüsanten Splitscreen-Experimenten vor allem die Alfred-Hitchcock-Klassiker „Notorious“ (der Film mit dem Uranium in den Weinflaschen) und „Spellbound“ zum Einsatz. Letzter stellt eine interessante Variante der alten Geschichte vom unschuldig Verfolgten dar: Als Mordverdächtiger mit Amnesie muß sich Gregory Peck einer Psychoanalyse unterziehen, um den wahren Schuldigen dingfest zu machen. Treibende Kraft ist hier einmal nicht der Mann, sondern die Bergman, die als Psychiaterin schon sehr bald die Brille ablegt und den strengen Haarknoten öffnet, um Peck – und uns – das Gesicht einer liebenden Frau zu offenbaren – warmherzig und mit ungeheuer charmanten Grübchen.

Lars Penning

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