■ Standbild: Echter Glücksfall
„Tatort: Bienzle und der Champion“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
Nein, man möchte Claude-Oliver Rudolph nicht am hellichten Tag begegnen, schon gar nicht, wenn auch nur der leiseste Verdacht besteht, der Mann sei schlecht gelaunt. Auch Martin Semmelrogge sollte in der Kneipe möglichst weit weg sitzen – oder besser: er sitzt in einer ganz anderen Kneipe, damit wir ihn auf dem Heimweg nicht treffen, am Ende noch in Begleitung von Claude- Oliver Rudolph – siehe oben.
Ben Becker ist schlecht gelaunt wohl ebenfalls eine Gefahr für seine Mitmenschen, also: Abstand halten. Wenn diese Männer aber auf unserem Bildschirm auftauchen, ist das was anderes. Schrecken und Männerschweiß rieseln dann aus dem Gerät, glaubhaft wie ein rechter Haken – es sind einfach hervorragende Schauspieler.
Dieser „Tatort“ war demnach schon durch die Besetzung ein Glücksfall, aber: er bestach auch durch die Story. Zwar war schon bald klar, wer Auftraggeber, Mörder und Gehilfen waren. Trotzdem: Semmelrogge alias Jaco lacht dreckig und bekommt dafür Prügel – das sehen wir gern. Kommissar Bienzle (Dietz W. Steck) dabei zu betrachten, wie er sich des boxgeschädigten Piet (Becker) annimmt, dieser naiven Kampfmaschine ohne Gedächtnis, war schon ein Vergnügen. Auch das blinde Vertrauen des Kämpfers zu seinem fiesen Manager Rico (Rudolph) leuchtete ein, genau wie dessen Schlußtränen: Auch Unterwelt-Brutalos haben ein Herz. Bienzle ist zwar immer noch nicht sympathischer geworden, aber trotzdem haben wir ihn irgendwie liebgewonnen, auch und gerade weil ihn seine Freundin Hannelore jetzt wohl endgültig verlassen hat. „Mein Fall, dein Fall... die Fälle sind für alle da“, raunzt er ins Mobiltelefon. So soll es sein. Stefan Kuzmany
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