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Windkraft im Wettbewerb

■ betr.: „Steife Brise gegen Wind kraft“ von Michael Franke vom 29. / 30. 9. 98, S. 8, hier: Leserbriefe von Monika Kuck vom 9. 9. sowie von Dr. Jüttner, taz vom 15. 9. 98

Menschen, die sich für den Erhalt der Umwelt einsetzen, haben meist auch ein stark entwickeltes Empfinden für soziale Gerechtigkeit. Konsequenterweise versuchen sie ihre Vorstellungen an den Projekten zu verwirklichen, die ihnen ohnehin naheliegen; das sind natürlich Umweltprojekte. Das Ergebnis allerdings kommt tragischerweise einer Selbst-Blockade gleich.

Während alle Welt hinnimmt, daß mit der Verstromung von Braunkohle und Atom unvorstellbare Gewinne gemacht werden, die aus den überhöhten Stromgebühren von Millionen kleiner Stromkunden stammen und zusätzlich aus der Nutzung aller Arten von Steuertricks, erlegen sich die Umweltfreunde bei der Nutzung der erneuerbaren Energien erhebliche Selbstbeschränkungen auf. Es gilt ihnen als unfein, mit der Nutzung erneuerbarer Energien Geld zu verdienen, und der Vorwurf gar, man könne sich eine „goldene Nase“ holen, ist in ihren Kreisen tödlich für jedes noch so sinnvolle Projekt. Zur Zeit leidet besonders der Ausbau der Windenergie unter dieser Denkweise.

In Aachen zum Beispiel sind die Grünen von ihrer ursprünglichen Forderung nach einer kostendeckenden Einspeisevergütung zurückgetreten und versuchen nun als opferbereite Idealisten die Windräder aus ihren eigenen Taschen zu bezahlen. Sie glauben, die gesetzliche Mindestvergütung würde bereits ausreichen. Die Folge: Der Bau von Windrädern verzögert sich Monat um Monat, Jahr um Jahr, denn Kapital fließt nun einmal dorthin, wo höhere Renditen winken...

Fazit: Wer unser kapitalistisches System reformieren will, sollte sich dazu nicht den schwächsten Wirtschaftszweig, die erneuerbaren Energien, herauspicken, sondern sollte die Dinge grundsätzlich angehen. Er sollte sich dazu die Steuer- und Sozialgesetzgebung vornehmen. Wolf von Fabeck, Geschäftsführer des Solarenergie-Förderverein e.V., Aachen

Die Idee des Aachener Modells der kostendeckenden Vergütung ist, privaten Betreibern von Windkraftanlagen die gleiche Vergütung für den von ihnen erzeugten Windstrom zu gewähren, wie sie Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) für von ihnen betriebene gleichartige Anlagen abrechnen. Wir halten das für einen fairen Wettbewerb; er setzt lediglich voraus, daß die EVU die Kosten und Erlöse für den Betrieb ihrer Windanlagen offenlegen. Und genau davor scheuen die Beteiligten in Aachen! — Warum eigentlich?

Eine Investition in Windkraft muß als etwas Normales angesehen werden dürfen (oder darf man etwa nur mit Atomstrom Geld verdienen?).

Als Investoren sollen sich nicht nur Müslis und Idealisten angesprochen fühlen, sondern alle! — Nur dann bekommen wir die Energiewende hin! Norbert Hürkamp, Pressesprecher, WIND e.V., Aachen

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