: Sportshow mit Event-Charakter
■ Die Braunschweig Lions gewannen die 20. Deutsche Football-Meisterschaft gegen die Blue Devils
„Es wird die Mannschaft gewinnen, die weniger Fehler macht.“ Chris Merrit, Trainer der Hamburg Blue Devils, sollte mit seiner Prognose recht behalten: Es war sein Team, das im 20. Finale der Deutschen Football-Meisterschaft die meisten Fehler beging. Vor einer Rekordkulisse von 22.100 ZuschauerInnen siegte der Titelverteidiger, die Braunschweig Lions, mit 20:14 im Volksparkstadion. Im elften Aufeinandertreffen beider Teams zeigten sich die Löwen routinierter, die Hamburger unsicher. Zum tragischen Pechvogel mutierte Blauteufel Bruce Reid: Als in der letzten Spielsekunde der Sieg zum Greifen nahe war, ließ der Held vieler Spiele die Lederpille fallen. Trotzdem befand Coach Merrit: „Heute spielten die beiden besten Teams Europas.“ „Aber“, fügte sein erfolgreicherer Gegenspieler, Coach Kent Anderson von den Meisterlöwen hinzu, „heute war unser Tag.“
Im Traumfinale trafen die zur Zeit wichtigsten Teams im deutschen Football aufeinander. Nicht nur sportlich führen die Lions und Blue Devils die Tabelle an, auch in Sachen PR sind sie kaum zu schlagen: Mit einem Schnitt von 9233 ZuschauerInnen sind die Hamburger der unbestrittene Krösus, dicht gefolgt von den Braunschweigern mit 8224. Der Erfolg dieser Vereine belegt einen Wandel im American Football Verband Deutschland (AFVD): Mehr und mehr treten die alten Recken ab, die selber mal Aktive waren. Vorbei die Zeit, als die Geschicke des Verbandes nach dem Spiel bei einer Flasche Bier am Feldrand entschieden wurden.
An ihre Stelle rücken Bürokraten wie Axel Gernert, Präsident der Blue Devils oder Peter Beute von den Braunschweig Lions, Funktionäre, die selbst nie Football gespielt haben, aber seit Jahren dafür arbeiten. So auch AFVD-Präsident Robert Huber, seines Zeichens Anwalt. Er hat sich zum Ziel gesetzt, den Verband mit seinen 21.000 Mitgliedern zu professionalisieren. Um vom Image eines „Kaninchenzüchtervereins“ loszukommen, sollen hauptamtliche Mitarbeiter die ehrenamtlichen ersetzen. Hubers Problem ist der Etat von ca. 250.000 Mark. Im Vergleich dazu: Der Deutsche Baseball Verband mit 23.500 Mitgliedern kann sich bei einem Etat von 1,3 Mio. Mark sechs Angestellte leisten. Der Unteschied läßt sich leicht erklären: American Football ist keine olympische Disziplin, Baseball schon, und das bringt reichlich Fördergelder vom Bund.
Neben den Mitgliedsbeiträgen hat der AFVD zwei weitere Geldquellen: Gemischtes, wie z.B. Fan-artikel, Lehrgänge und -material, sowie externes Marketing. Schon seit Jahren vermarktet sich jeder Bundesliga-Verein selber. Und die Länderspiele und Meisterschaften sind fest an Agenturen wie die Gernert Medienberatung oder das Market Team in Braunschweig vergeben. Doch vom Gewinn des 20. German Bowl, dessen Etat: ca. 2 Millionen Mark beträgt, erhält der AFVD nur eine fünfstellige Summe.
Bei der Popularisierung von Football in Deutschland setzen alle auf die NFL Europe League. Die Tochter der mächtigen US-Profiliga wird wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt, mit dem Ziel, die Alte Welt zu missionieren. Trotzdem findet bis auf ein Jugendförderprogramm kaum Zusammenarbeit statt. Es wird sogar gemunkelt, daß die Düsseldorf Rhine Fire dem Lokalrivalen Panther die Zuschauer abziehen. Präsident Günter Gerwald streitet das ab und sucht die Schuld bei sich: „Wir machen etwas falsch.“ Vielleicht liegt es daran, daß dem Amateur-Football der Eventcharakter der Rhine Fire fehlt? Axel Gernert jedoch versprach seinen Fans mehr Events und Aha-Erlebnisse, „wenn das Volksparkstadion keine Baustelle mehr ist“. Edwin Feindt
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