: Der nordirische Friedensprozeß als großes Vorbild
■ Die baskischen Parteien hoffen auf internationalen Druck auf die spanische Regierung
Bilbao (taz) – Die Wahl fiel nicht von ungefähr auf Gerry Adams. Sein in Stormont unter Beweis gestelltes politisches Fingerspitzengefühl und sein internationaler Bekanntheitsgrad sollen dem baskischen Friedensprozeß über die Pyrenäen hinaus Sympathien verschaffen. Adams wird noch diese Woche US-Präsident Bill Clinton die „Erklärung von Lizarra“ überreichen.
Das am 12.September von 26 baskischen Gruppen und Parteien verabschiedete Dokument – darunter die gemäßigten baskischen Regierungsparteien Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) und Baskische Solidarität (EA) ebenso wie die radikalen Nationalisten von Herri Batasuna (HB) und die wichtigsten Gewerkschaften – legte den Grundstein für den unbefristeten Gewaltverzicht der bewaffneten Separatistengruppe ETA sechs Tage später.
„Alle, die am Konflikt beteiligt sind, haben eingesehen, daß der Konflikt politischer Natur ist und damit auch nur politisch gelöst werden kann“, analysieren die Unterzeichner das nordirische Erfolgsrezept und rufen deshalb auch für das Baskenland auf zu einem „für alle offenen Dialog, an dem sich die gesamte baskische Gesellschaft beteiligt“. Mit diesem sollen „offene Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Antwort auf die Tradition und das Streben der baskischen Bürgerinnen und Bürger nach mehr Souveränität für das Baskenland ermöglichen“.
Doch Schritte aus Madrid, um die Waffenruhe zu stabilisieren, lassen noch immer auf sich warten. Weder die konservative Regierung von José Maria Aznar noch die sozialistische Oppositionspartei PSOE wollen etwas von einer Verfassungsänderung zugunsten einer größeren Eigenständigkeit des Baskenlandes wissen. Kleine Gesten, wie Rückverlegung der über 500 ETA-Gefangenen in heimatnahe Haftanstalten, werden zwar in Aussicht gestellt, doch ohne konkreten Zeitpunkt.
Die Unterzeichner der Erklärung von Lizarra hoffen unter Verweis auf Nordirland auf internationales Engagement: „Einige internationale Faktoren spielten eine wichtige Rolle: die direkte Einmischung des US-Präsidenten (...), die positive Haltung einiger Institutionen der EU (...), die politische Unterstützung und Ratschläge seitens des Präsidenten von Südafrika (...)“, heißt es. Diese „internationalen Faktoren“ sollen jetzt auch den baskischen Karren flott machen. Dazu gehört auch Bill Clinton. Und den soll jetzt Gerry Adams gewinnen. Reiner Wandler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen