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■ Die Anderen"Leipziger Volkszeitung", "Die Welt", "Tagesspiegel" zu Lafontaines Kritik an der Bundesbank

Die „Leipziger Volkszeitung“ verteidigt Lafontaines Kritik an der Bundesbank: Gänzlich obskur wird der Standpunkt der Lafontaine-Kritiker, wenn die auf das hohe Zinsniveau von Irland oder ähnlich bedeutsamen Weltindustrienationen verweisen und deshalb – ganz im Sinne der Euro-Anpassung – einen deutschen Zinssenkungsschritt empört ablehnen. Es wurde höchste Zeit, daß mit Blick auf die Bundesbank und auf die EZB die Verantwortung der Währungshüter für die Menschen in Europa klar benannt wurde. Den Euro oder die D-Mark nur zu hegen wie ein Zicklein in einem Streichelzoo, ohne eine gesellschaftlich sinnvolle Gegenleistung zu verlangen, ist ein viel zu teurer Luxus. Im übrigen sind die Zentralbanker bekanntermaßen so selbstbewußt bis arrogant, daß sie samt der stabilen Währung gewiß nicht aus den Latschen kippen, nur weil ihnen jemand sagt, ohne Arbeit ist auch stabiles Geld nicht viel wert. Leider wird Lafontaine das dem Zentralbankrat gestern nicht in der Deutlichkeit gesagt haben. Immerhin sind noblen Herren nun zur Rechtfertigung gezwungen.

„Die Welt“ versteht nicht, warum Lafontaine eine Niederlage riskiert: Erwartungsgemäß holte sich Oskar Lafontaine bei der Bundesbank eine Abfuhr. Der Zentralbankrat hat dem Bonner Druck nicht nachgegeben und die Leitzinsen unverändert gelassen. Sonst hätte er auch seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt. Den Vorwurf, die Notenbanken hielten die Zinsen unnötig hoch, muß sich die Bundesbank ohnedies nicht anheften. Seit Monaten führen die anderen europäischen Zentralbanken das Zinsniveau im Rahmen der Konvergenzbestrebungen zurück. Was also sollte das Ganze? Weshalb ist Lafontaine nach Frankfurt gereist, um dort öffentlich eine Ohrfeige einzustecken? Der Streit um die Zinsen dürfte weitergehen. Lafontaine sollte jedoch nicht hoffen, daß die EZB nachgiebiger sein wird als die Bundesbank.

Der „Tagesspiegel“ wirft Lafontaine vor, die richtige Diskussion im falschen Ton geführt zu haben: Die Abfuhr von gestern war vorauszusehen. Je mehr auf die Bundesbank eingedroschen wird, desto unbeugsamer wird sie. Muß sie werden. Würden die Frankfurter Währungshüter jetzt nachgeben und die Zinsen senken, sähen sie sich dem schweren Vorwurf gegenüber, auf politischen Druck reagiert zu haben. Mit der Unabhängigkeit wäre es vorbei. Nicht nur bei der Bundesbank. Auch die Europäische Notenbank müßte mit einem schweren Makel leben. Und der Euro hätte schon jetzt eine deutliche Schramme. Oskar Lafontaine hätte eine höchst sinnvolle Diskussion vom Zaun brechen können. Die Chance kommt nach seinem törichten Gepoltere so schnell nicht wieder. Auch wenn er jetzt das Interesse an einer guten Zusammenarbeit mit den Währungshütern betont.

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