piwik no script img

Verdrängen, verschieben, vertagen

■ Radunski trickst mit dem Kulturetat

Böse Zungen behaupten, Senator Peter Radunski (CDU) habe bei den Kulturfinanzen keine klare Linie. Doch die Kritiker tun ihm unrecht. Radunski weiß sehr wohl, was er will: Verdrängen, verschieben, vertagen – das ist die Politik, die er seit Amtsantritt verfolgt. Die Sparvorgaben seiner Senatskollegin Annette Fugmann-Heesing (SPD) setzt er schlicht nicht um, verspricht statt dessen Mehrausgaben hier und dort. Die Folge: Die Löcher im Kulturetat werden von Jahr zu Jahr größer und müssen mit windigen Haushaltstricks gestopft werden.

Der Senator selbst pflegt diese zweifelhaften Methoden stets mit dem Argument zu rechtfertigen, es gelte nach dem Auslaufen der Bonner Berlin-Hilfe die Durststrecke bis zum Regierungsumzug zu überbrücken. Schröder, Naumann & Co. würden sich die Hauptstadtkultur schon einiges kosten lassen, und obendrein würden in einer prosperierenden Hauptstadt auch die Steuerquellen wieder sprudeln.

Doch diese Hoffnung ist zu naiv, als daß ein Realist wie Radunski selbst daran glauben könnte. Selbst wenn der Staatsminister für Kultur sein Wahlversprechen einlöst und jedes Jahr 60 Millionen Mark mehr für die kulturellen Leuchttürme springen läßt, wird er seinen Scheck nicht einfach im Berliner Haushaltsloch versenken. Er wird bestimmen wollen, was mit dem Geld geschieht.

In einem Akt der Verzweiflung eine weitere Institution zu schließen, wie es sich manch gestrenger SPD-Haushälter wünschen mag, wäre aber die falsche Lösung des Problems. Statt dessen müßte Radunski endlich tun, was schon vor zwei Jahren nötig gewesen wäre: Personalüberhänge abbauen, notfalls mit einem Abfindungsfonds, der kurzfristig Geld kostet; die Zusammenarbeit der Theater verstärken, um mögliche Synergieeffekte etwa bei Werkstätten und Verwaltung zu nutzen. Die Stuttgarter Oper zum Beispiel, von Kritikern zum „Opernhaus des Jahres“ erkoren, kommt immerhin mit rund zehn Millionen Mark weniger aus als Staatsoper oder Deutsche Oper in Berlin.

Passiert ist bislang nichts. Spätestens 2000 wird Radunskis Wechsel auf die Zukunft platzen. Doch dann ist er womöglich gar nicht mehr Kultursenator. Ralph Bollmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen