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Weitsicht hat nichts mit Kapitulation zu tun –betr.: „Öcalan – Der Konflikt wird abgeschoben“, taz vom 28. 11. 98

Daß Pickert die Position vertritt, die Bundesregierung sollte die Auslieferung des PKK-Chefs Öcalan beantragen, ist grundsätzlich zu akzeptieren. Ärgerlich dabei ist jedoch, in welcher Art der Kommentar die schwierige politische Situation auf fahrlässige Weise verkürzt. Wenn die Bundesregierung auf eine Auslieferung verzichtet, dann kapituliere der Rechtsstaat vor der Gewaltandrohung. Mit der (neuen linken?) Angst im Nacken, einem kapitulierenden (sprich schwachen) Staat anzugehören, findet Pickert das alles nur noch peinlich und darüber hinaus nicht rechtsstaatlich.

Die Bundesregierung hat sich entscheiden müssen, und im Gegensatz zu Kommentatoren muß sie diese Entscheidung auch in ihren Folgen verantworten. Gerade darum hat sie sich unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Möglichkeiten gegen eine Auslieferung entschieden. Zum Rechtsstaat gehört auch die Güterabwägung politischer Entscheidungen.

[...] Pickert hat die politischen und praktischen Probleme, die sich die Bundesrepublik ob pro oder contra Auslieferung einhandeln wird, wohl selbst im Geiste abgeschoben. Die Bundesregierung orientiert sich zu Recht an einer verantwortungsethischen Maxime, wenn sie gegen eine Auslieferung votiert. Weitsicht hat nichts mit Kapitulation (oder gar Schwäche) zu tun. Und Peinlichkeit ist keine geeignete Kategorie, die zur Entscheidungsfindung beiträgt. Ande Hörmann, Frankfurt/Main

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