: Großmarkt-Händler fühlen sich verladen
■ Händler stellen Umzug in den Überseehafen in Frage / Zweifel an Verkehrskonzept und an städtebaulichen Ansprüchen an den neuen Standort: „Wir sind da ein Geschwür von Anfang an“
Dieter Blanke aus Weyhe muß jeden Morgen gegen drei Uhr nach Bremen fahren, um sein Gemüse auf dem Großmarkt am Flughafen anzubieten. Nachdem gestern das Geschäft beendet war, gegen 11 Uhr, ging er wie ca. 40 andere Großmarkt-Händler auf eine Protest-Pressekonferenz, um sich Luft zu machen: Die Händler sind nur durch die Zeitung informiert über ihren geplanten Umzug in den Überseehafen, und das, was sie da lesen, verunsichert sie zutiefst.
„Wenn wir dürften, würden wir hierbleiben“, erinnerte er noch einmal an die grundsätzliche Position der Händler. Am Flughafen gibt es den Metro-Markt auf dem kurzen Weg zur Autobahn, das ist eine optimale Lage. Vor zwei Jahren hatten die Händler schließlich nur eingewilligt, weil ihnen am alten Platz mit höheren Pachtraten gedroht und für den Überseehafen etwas attraktives Neues versprochen wurde: ein „Frische-Zentrum Nord“.
Nun ist der Citrus-Importhandel aus dem Europahafen nach Bremerhaven gegangen, ein Pluspunkt weg. Der Wirtschaftssenator hat keinen „Cash&Carry“-Markt gefunden, der in die Nähe des neuen Großmarktes gehen würde, die Metro hat dankend abgewunken. Und die direkte verkehrliche Anbindung, der Durchstich von der Cux-havener Straße zum Waller Ring, ist in Frage gestellt, weil die Waller Anwohner den nächtlichen LKW-Verkehr fürchten. Und was ist, wenn der Space-Park mit seinem Verkehr kommt? „Erhebliche Zweifel“ hat Axel Boese, der Sprecher des Gartenbauverbandes, bekommen, daß das Wirtschaftsressort seine Zusagen für den neuen Standort einhalten kann.
Und wenn Peter Koch-Bodes, Fisch-Fachgroßhändler, etwas von moderner Dienstleistung oder gar „Wohnen“ in den alten Hafenrevieren hört, wenn das historische Gebäude „Speicher 11“ erhalten und als Bürostandort genutzt werden soll, wenn der Ortsamtsleiter Bernd Peters von der städtebaulichen „Lagegunst der alten Hafenreviere“ redet, dann verstärkt das die Zweifel: „Das sind die Punkte, vor denen wir Angst haben.“ Denn Großmarkt ist lautes Gewerbe, über 2.000 LKWs jeden Tag und das ab drei Uhr morgens. „Wir sind da ein Geschwür von Anfang an“, fürchtet Eberhard Haspar, Käse-Fachgroßhändler. Von „offenem Großmarkt-Konzept“ und Touristen-Attraktion haben Politiker geredet. „Manche Politiker haben keine Ahnung, was ein Großmarkt ist“, empört sich Blanke. Natürlich muß da ein hoher Zaun herum, am Pförtner kommt kein Neugieriger vorbei. Die Großmarkt-Händler bereuen ihr Ja-Wort von 1996.
Und da stand auf der Protest-Versammlung der CDU-Gemeinderat Dietrich Struthoff aus Weyhe, auch ein Händler, wie der Anwalt des Teufels auf. „Ich würde niemals nach Walle gehen“, sagt er. Und erinnert daran, daß in Weyhe bald – 500 Meter von der A1, Abfahrt Arsten, entfernt – ein ausreichend großes Gewerbegebiet zur Verfügung steht. Viele der Händler kommen aus dem Bremer Süden, alle ökonomische Vernunft würde dafür sprechen – wenn nicht die Landesgrenze dazwischen wäre, an der bekanntlich die Vernunft endet. „Wenn wir umziehen müssen, dann an die A1“, ruft einer der Händler dazwischen. Die Hemelinger Marsch würden alle sofort akzeptieren. Warum schickt der Wirtschaftssenator niemanden, der vor den Händlern Rede und Antwort stehen könnte? „Die genauen Gründe sind uns nicht bekannt“, sagt Axel Broese vom Gartenbau-Fachverband. K.W.
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