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Eine Lanze für die Bahn! –betr.: „Chaostage bei der Deutschen Bahn“, taz vom 1. 12. 98

Mag ja sein, daß rund um Berlin ein wenig Chaos herrscht. Aber meine Erfahrung im Westen der Republik sagt was anderes, und deshalb möchte ich für die Bahn eine Lanze brechen.

Seit einem Jahr habe ich weit über 30.000 Bahnkilometer zurückgelegt – mehr als bisher im ganzen Leben – und dabei viel Zeit beim Lesen der taz genießen können. Viermal habe ich den Anschluß an einen Regionalzug (60 min.-Takt) verpaßt, wobei ich einmal gar keine Zeit und zweimal nur einen S-Bahn-Takt (30 min.) verlor, weil das Zugpersonal selbstverständlich durch kostenfreie Weiterfahrt im IR bzw. IC zum nächst großen Umsteigebahnhof weiterhalf. Nur einmal mußte ich kurzerhand ein Taxi zum Endziel nehmen. Die Kosten wurden mir später problemlos ersetzt. Gegenüber der Autobahn habe ich nur gewonnen: mehr als 10.000 Mark, viel zusätzlichen Schlaf (obwohl eine Fahrt länger dauert), Zeit mit der taz, eine neue Freundschaft und und und.

Ich will nichts schönreden, habe muffiges Personal, defekte Technik, miese Information erlebt. Aber ich glaube, daß euer Bericht von den Ausnahmen lebt, die nun mal jede Regel bestätigen. Mit Sicherheit ließen sich mit Wahn auf der Autobahn mehr als eine Seite füllen. Wenn bei der Bahn „Chaos“ herrscht: Welche Vokabel bleibt dann für die Situation auf der Straße? „Krieg“?

All das heißt nicht, daß es nicht viel besser ginge, daß das „Strecken“ der Wartungsintervalle ein Paradebeispiel kontraproduktiver Kostensenkungsversuche ist und die abgehalfterten Manager Ludewig und Nawrocki ganz schnell gefeuert gehören. Letzteres war vermutlich ein Anlaß des Artikels, doch in dieser Hinsicht gab es zu wenig Hintergrundinformation, statt dessen zuviel billiges bashing der Bahn allgemein, die sich mir gegenüber im vergangenen Jahr viel moderner darstellte, als ich sie noch aus meiner Kindheit in Erinnerung habe. Winfried Schneider, Düsseldorf

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