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Unterm Strich

Gestorben: der russische Schriftsteller Anatoli Rybakow. Der 87jährige erlag bereits am vergangenen Mittwoch abend im Alter von 87 Jahren einem Herzleiden. Rybakow schrieb sein Hauptwerk, den Anti- Stalin-Roman „Die Kinder vom Arbat“, bereits 1966. Der autobiographisch geprägte Roman konnte allerdings erst 1987 unter Gorbatschow erscheinen und machte Rybakow zu einem der führenden Vertreter der Perestroika unter den sowjetischen Literaten. Eine Fortsetzung wurde unter dem Titel „Entsetzen. 1935 und andere Jahre“ veröffentlicht. Außerdem setzte sich Rybakow in seinen Romanen „Jahre des Terrors“ (1989) und „Stadt der Angst“ (1990) mit dem Stalinismus auseinander.

Als Sohn jüdischer Eltern studierte Rybakow zunächst Transportwesen in Moskau und wurde Verkehrsingenieur. Seine schriftstellerische Karriere begann er indes mit Abenteuergeschichten für Kinder und sogenannten Produktionsromanen im Sinne der Parteilinie. Im Westen wurde er mit seinem Roman „Schwerer Sand“ (1978) über das Schicksal einer jüdischen Familie in der Ukraine bekannt. Von 1989 bis 1991 war Rybakow erster Präsident des neugegründeten sowjetischen PEN-Zentrums. Seit einigen Jahren lebte der Autor in den USA. Wie der russische Fernsehsender NTV berichtete, soll Rybakows Leichnam eingeäschert und Anfang Januar nach Rußland übergeführt werden.

Das Holocaust-Museum rückt näher. Nachdem sich Michael Naumann als Kulturbeauftragter der Regierung entsprechend geäußert hat, plädiert auch der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse für ein „Erinnerungshaus“. Damit könnte, so Thierse, die Idee eines Mahnmals jede „ins Abstrakte tendierende Pathos-Formel“ umgehen. Entsprechend will Thierse im Januar eine Initiative für eine Einigung über das Holocaust-Mahnmal starten. Dabei geht es ihm darum, einen Konsens zwischen allen Bundestagsfraktionen herzustellen. Auf keinen Fall darf die Entscheidung über das Mahnmal den Wahlkampf zum Berliner Abgeordnetenhaus im Herbst überschatten, sagte Thierse am Samstag im Südwestrundfunk.

Einen solchen Konsens würde auch Simon Wiesenthal begrüßen. Der Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums in Wien äußerte sich in der Welt am Sonntag gegen ein Mahnmal, weil „der Holocaust zu viele Gesichter für ein Mahnmal“ hat. Das Gedenken solle vor allem mit dem Leben zu tun haben, das vernichtet worden sei. Auch deshalb sei er nicht für ein solches Denkmal. Wiesenthal setzt dagegen auf Dokumentation und Geschichte: „Unsere Denkmäler sind zum Beispiel Bücher“, sagte er. Schon vorige Woche hatte Wiesenthal im Interview für ein Museum plädiert. Als Vorbild nannte er das „Museum of Tolerance“ in Los Angeles, in dem der Schrecken gezeigt und zugleich Toleranz gelehrt werde.

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