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Fit for life leicht gemacht

■ Bremen startet erstes „Sozialtraining“ für Jugendliche auf Lehrstellensuche

Franklin, Bastian, Hatia, Sabrina, Elcin, Stefan, Gerd und Sven sind seit einigen Wochen total gut drauf. Null-Bock? Alles Scheiße? Solche Ausdrücke rutschen den arbeitslosen Jugendlichen in der letzten Zeit selten raus. Einen Rausch erleben die 17- bis 21jährigen aber nicht: Sie werden schlichtweg gecoacht – mit „Fit for life“, dem neuen Bremer Sozialtraining für Jugendliche.

Seit September kommen über 40 Bremer Jugendliche in den Genuß eines völlig neuen Angebots, das diese unglaublich gute Laune hervorruft. Es ist ein Trainingsprogramm für lehrstellensuchende Jugendliche – erdacht und konzipiert vom Zentrum für Rehabilitationsforschung an der Bremer Uni. Dort befand man nach Analyse herkömmlicher Berufsvorbereitungskurse des Arbeitsamtes: Reines Nachbüffeln von Mathe, Deutsch und Sprachen reicht nicht mehr aus. Wer eine Lehrstelle finden will, muß noch ganz andere Dinge lernen, formuliert Gert Jugert vom Zentrum für Rehabilitionsforschung. Der Psychologe entwarf das Trainingsprogramm „berufsbezogene Verhaltensförderung sozial benachteiligter Jugendlicher“.

Richtiges Verhalten im Beruf erlernen – das ist dabei das Ziel. Zuhören können, nicht gleich aufgeben und alles Scheiße finden – „all diese Dinge müssen diese Jugendlichen erst noch lernen. Das hat in ihrem bisherigen Leben so nicht stattgefunden“, erklärt Jugert. Lernen sollen sie mit Trainingsmodulen – aufgestapelt und zusammengestellt nach den neuesten Erkenntnissen der Lernpsychologie: Sie heißen Kommunikation, Selbstsicherheit oder Motivation. Die frisch ausgebildeten Sozialtrainer reichen sie häppchenweise einmal in der Woche zusätzlich zur Berufsvorbereitung in zwei Stunden Sozialtraininig: Locktitel „fit for life“.

Aber bevor bei den ersten Probekursen in der Wirtschafts- und Sozialakademie der Angestelltenkammer das erste Training losging, war bei den Jugendlichen erstmal Skepsis angesagt: „Denken die, wir sind blöd im Hirn?“, fragte sich Trainingsmitglied Franklin Norlin. Er ist 20 Jahre alt und hat seinen Hauptschulabschluß nicht gepackt – „weil ich da gerade Streß mit den Betreuern hatte – in dem Heim, in dem ich gerade gewohnt habe“. Nach den ersten Trainingsstunden weiß er: „Fit for life“ ist gar kein Pauken für Blöde: „Was wir da eigentlich nur machen ist: Quatschen, quatschen, quatschen.“

Und das kommt „super gut an“, sagt die neue „Sozialtrainerin“ Ursula Jantos: „Fast übersprudeln“ würden alle in den zwei Stunden. „Wir reden viel und das ist gut so“, sagt dazu die „trainierte“ Hatia. Über Familie, Freunde, Job, Beruf und Zukunft – und über die ersten Erfahrungen mit den Betriebspraktika: Wenn einer Streß mit dem Meister hat, wird gefragt: „Was war dran, wer hat Schuld gehabt?“, erklärt die Sozialtrainerin. Aber auch Jobwünsche werden abgeklopft: „Wenn jemand Verkäufer werden will, aber sich nicht traut, mit Kunden zu sprechen, gehen wir das auch konkret an.“ Meist seien falsche Selbsteinschätzungen der Grund dafür, daß es bei der Lehrstellensuche nicht so gut klappt.

„Mein persönliches Gepäck“ heißt eine Trainingseinheit: Was kann ich gut? Welche „persönlichen Merkmale“ stellen mir im täglichen Leben manchmal ein Bein? Welche „Gepäckstücke“ kann ich vielleicht ablegen? Zum Beispiel „Ausrasten“, „verschlafen“, „Fehler nicht zugeben können“? Oder es werden bei der Trainingseinheit „Konflikte“ Rollenspiele gemacht: „Was ist ein Konflikt?“, „Was haltet ihr von Kompromissen?“ oder „Wie kann ich mich mit anderen überhaupt einigen?“, sind dabei die wichtigsten Trainingsfragen.

Während Hatia immer noch davon schwärmt, „Anwältin“ zu werden, ist Kurskollege Franklin schon weiter: Eigentlich wollte er ja immer Tontechniker werden. „Aber das geht ja nicht, da muß man ja Abi haben“, sagt er. Jetzt will er als „Veranstaltungstechniker“ in Bremen ein erstes Praktikum machen: Das Sozialtraining einmal pro Woche findet er schlicht „klasse“.

Über soviel Optimismus freut sich jetzt auch das Bremer Arbeitsamt: Jedes Jahr schleust man 1.000 Jugendliche durch reine Berufsvorbereitungskurse. „Wir sehen selber, daß solche Vorbereitung allein für bestimmte Personen nicht ausreichen kann“, sagt Detlef Stüwe von der Berufsberatung. Das Arbeitsamt fördert deshalb das Trainingsprogramm, das auch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds erhält. Weil alles vielversprechend anlaufe, denkt man im Arbeitsamt darüber nach, das Programm auch auf andere Träger auszuweiten.

Aber bis es so weit ist, will das Arbeitsamt noch die wissenschaftliche Auswertung abwarten: Die Uni begleitet das Training per Fragebogen und Kontrollgruppe wissenschaftlich – „um nachzuhaken, ob wir mit unseren Zielen auch richtig gelegen haben“, erklärt Gert Jugert vom Zentrum für Rehabilitationsforschung. Aber schon vor Ablauf der Modellphase hätten sich weitere Interessenten gemeldet: Bremer Hauptschulen, die erste Erfolgsmeldungen vernommen hättenund nun „völlig begeistert“ seien. Psychologe Jugert will deshalb weiter die „fit for life“-Trommel rühren – und sich auch für Trainings bei HauptschülerInnen stark machen: „Die sind viel jünger, da kann man schon viel früher ansetzen, wo es hapert“, meint er – und hofft nun durch eine Kooperation mit dem Bildungsressort noch viele andere Bremer Jugendliche „fit for life“ zu machen. Katja Ubben

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