: Wie Bisky zu Horst Wessel kam
Samstag abend, kurz nach halb elf. In den ARD-Tagesthemen läuft ein Beitrag über die Beisetzung von Tamara Bunke auf Kuba. Bunke, die zusammen mit Che Guevara in Kuba und Bolivien kämpfte, wurde in der DDR als Freiheitskämpferin verehrt. Lothar Bisky, der PDS- Vorsitzende, nimmt an den Trauerfeierlichkeiten teil. Als er in dem Beitrag ins Bild rückt, kommentiert es der Autor mit den Worten: „Für ihn war es wohl fast wie in alten Tagen: Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen.“
Hanno Harnisch, PDS- Pressesprecher, fiel gleich auf, was in der Hamburger Tagesthemen-Redaktion keiner bemerkt hatte. Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen – das war das Horst-Wessel-Lied der Nazis. Harnisch ruft sofort in Hamburg an. Für ihn ist das ein „Skandal erster Güte“. Er verlangt eine Entschuldigung des ARD-Vorsitzenden und arbeitsrechtliche Konsequenzen für den Autor. Der ARD ist dieser Fehler natürlich „oberpeinlich“, wie Bernhard Wabnitz, Chefredakteur von ARD-Aktuell gegenüber der taz einräumt. Wabnitz hat sich bei Harnisch entschuldigt. Ansonsten hält er dem Autor des Berichts mit einem Geschichtsbuch für 19,80 Mark für mehr geholfen als mit drakonischen Maßnahmen. Der Autor, Michael Herholz (30), freier Mitarbeiter beim ORB, weiß, daß jede Erklärung albern klingt. Das Ganze tue ihm „unendlich leid“, eine Parallele zwischen Bisky und den Nazis sei nicht beabsichtigt gewesen. Er, der in der DDR groß geworden ist, hielt die Textpassage für ein – Arbeiterlied. J.K.
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