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Unterm Strich

Über mehrere Jahre war Michel Petrucciani ein Stammgast im deutschen Fernsehen. Fast jeden Freitagabend begleitete er die Fernsehshow von Roger Willemsen. Mit deren Ende im Juli letzten Jahres hieß es auch Abschied nehmen von der TV-Persönlichkeit Michel Petrucciani. Nun ist der Abschied endgültig: Der französische Musiker ist gestern im Alter von nur 36 Jahren gestorben. In einem Krankenhaus in New York erlag er offenbar den Folgen einer Lungenentzündung.

Durch seine Auftritte als Pausenmusiker in „Willemsens Woche“ wurde der Jazzpianist auch in Deutschland einem breiten Publikum bekannt. In Frankreich und den USA hatte er sich bereits zuvor einen Namen gemacht. Der im französischen Orange als Sohn einer sizilianischen Musikerfamilie aufgewachsene Musiker litt von Geburt an an der seltenen Glasknochenkrankheit: Bei der Geburt wurden ihm alle Knochen gebrochen. Mit zarten vier Jahren, so will es die Legende, soll er nach einer Fernsehsendung mit Duke Ellington bereits nach einem Klavier verlangt haben. Sein Vater besorgte ihm zunächst ein Kinderklavier, das Petrucciani junior jedoch beleidigt zertrümmert haben soll: Er wollte ein richtiges. Obwohl er aufgrund seiner Behinderung kaum einen Meter groß wurde, wuchs er am Klavier weit über sich hinaus und wurde zu einem der ganz Großen des Genres.

Mit 20 Jahren ging Petrucciani in die Staaten. Dort traf der klassisch ausgebildete Pianist mit Jazzgrößen wie Wayne Shorter, Dizzy Gillespie oder Gerry Mulligan zusammen und etablierte sich als Jazzpianist der Oberliga. Im Laufe seines Lebens spielte Petrucciani mit fast allen Größen des Jazz. Seine Fingerfertigkeit und seine Virtuosität an den Tasten ließen die Kritik, die Zuhörer und wohl auch ihn selbst seine Behinderung zeitweilig vergessen. Als Musiker wie als Entertainer wußte er sein Publikum zu fesseln und zu unterhalten.

Das bescherte ihm auch einen beachtlichen kommerziellen Erfolg. Mehr als dreißig Platten spielte der Franzose ein, viele beim renommierten Jazzlabel Blue Note. Einige seiner Alben verkauften sich über 100.000 Male, was bekanntlich in diesem Fach nicht eben oft vorkommt. Petrucciani, der zweimal geschieden war, hinterläßt einen Sohn, der, wie sein Vater, an der Glasknochenkrankheit leidet.Foto: AP

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