: Beat me up, Scotty
■ Star Trek-Covention: 800 Fans von der Zukunft enttäuscht
„Ich war jung und brauchte das Geld“, sagt Walter Koenig alias Quoten-Russe Chekov, einst Held der frühen 60er Jahre Star-Trek-Serie und am Wochenende einer der Ehrengäste beim „Trekkie Treff“ im Congress-Centrum. Dort vertrat er die alte Garde – und zeigte sich alles andere als erfreut über die neuen Auswüchse von „Star Trek“ als Religion für Menschen ohne Willen zu einer realen Identität. Gleich am ersten Abend verstörte der New Yorker die Fans mit seinen Äußerungen zum Thema Gewerkschaften– und mit Spitzen gegen den Paramount-Konzern, der ihm, dem einstigen Enterprise-Steuermann Chekov, für seinen letzten Kinoauftritt tatsächlich einen abgelegten Text von Bordarzt Dr. McCoy untergejubelt hatte.
Koenig dagegen hatte der Figur mehr Leben einhauchen wollen und deshalb auf einer Szene bestanden, in der die überlebenden Crew-Mitglieder ihrer gefallenen Kameraden gedachten. „Man weiß gar nichts über diese Leute, ein bißchen über das Trio an der Spitze und etwas über Sulu, aber gar nichts über Uhura, Scotty oder Chekov.“ Die Szene sei zwar gedreht, aber in der letzten Fassung wieder entfernt worden. „Hollywood!“
Der Altstar machte keinen Hehl aus seinem Unmut, aber „trotzdem bin ich gern hier, und es ist ein bequemer Weg, sein Leben zu finanzieren. Ich war nach ,Star Trek' als Genre-Schauspieler festgelegt und wurde nicht mehr besetzt. Die zehn Jahre bis zum ersten Film waren nicht besonders lustig. Der Mythos kam viel später, als ,Star Wars' in die Kinos kam.“
600 bis 800 Leute, viele davon in roten Admirals-Uniformjacken, wollten solche Klamotten eigentlich nicht mehr hören. Einer der Admiräle aus dem Publikum wies Chekov in gebrochenem Englisch zurecht, daß eine Crew „vor allem einen Captain braucht“, dem sie zuarbeiten könne. Koenig bliebt gelassen und beantwortete weiter auch dümmste Fragen.
Die klingonischen Darsteller der neuen Serie, John G.Hertzler und Robert O'Reilly, entstammen einer anderen Generation. „Die Serien orientieren sich nicht mehr so sehr an den Charakteren wie in der alten Serie. Es ist normales ,Hire & Fire'. Seit wir mit Seven of Nine ein Supermodel und mit den Borgs ein paar echte Feindbilder haben, sind die Quoten besser geworden“, berichtet Hertzler. „Ich habe kein Problem, mit ,Star Trek' identifiziert zu werden, aber ich möchte nicht mein Leben lang den gleichen Klingonen spielen.“
Im Foyer wurde derweil Unmut über die freudlose Organisation der kommerziellen Veranstaltung laut. „Die haben mit dem Geist der Serie soviel zu tun wie Bugs Bunny mit Politik. Man steht den ganzen Tag in dieser Halle und es gibt kein Programm außer Videofilmen. Das sind teure Autogramme“, sagt Marco (26), Klingone aus Hamburg. Entgegen aller Convention-Konventionen gab es keine Musik, keine Rollenspielrunde, keine klingonische Volksküche, keinen Multimedia-Quatsch; nichts, wofür die angereisten Fans aus Viernheim, Chemnitz und Frohnau glaubten, 100 Mark pro Tag bezahlt zu haben.
Stars sind die Trekkies gewohnt. „Die gehören zur Familie, wenn man öfter zu Conventions fährt“, meint Manuela (32), die mit Mann und Kind aus Kiel angereist ist.
Der Samstag gehörte Gates McFadden alias Dr.Crusher, die in deutsch ihre Liebe zu Bremen bekundete und bei höchstens zwei Cons im Jahr auftritt. Für sie hatten sich selbst englische Fans auf den Weg gemacht, doch die Veranstalter zerrten die quirlige Komödiantin pünktlich von der Bühne – für eine generalstabsmäßige Pause, gar nicht nach Frau McFaddens Geschmack. Worauf der Saal in kollektive „Buh“-Rufe verfiel.
Im Anschluß erzählte Herr Koenig erneut Kamellen, bis James „Scotty“ Doohan dazukam und bekundete, „soeben das erste Glas Wasser seit 32 Stunden getrunken“ zu haben. Trotz Gelalle und dank Walter Koenig, der half, den alten Kollegen nicht ganz so abgetakelt aussehen zu lassen, bekam der beliebte Trunkenbold alles in den Griff. Eine schmierige Klamotte! Doch die Fans ließen sich für ein wenig Gemeinschaftsgefühl ohne lauten Protest übers Ohr hauen und herumkommandieren. TommyBlank, United Star Press
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