: Lokalkoloratur
Auf den Weg nach Hamburg hat sich der Berliner Willy Sommerfeld, 91, schon oft gemacht. Und immer hat er ein Stückchen Kino-Geschichte im Gepäck, ja, er selbst ist ja eine historische Gestalt: der letzte Stummfilm-Pianist der Republik, der schon in den 20er Jahren die Akkorde zu bewegten Bildern schwelgen ließ. In der Hansestadt sorgte er zur Eröffnung des kommunalen Kinos Metropolis und später zum gleichen Anlaß in den Zeise Kinos für den angemessenen Rahmen. Und heute abend wird er im Meerkabarett-Zelt (Meenkwiese am Hayns Park) um 20 Uhr den monumentalen Dokumentarfilm Berlin, Die Sinfonie der Großstadt am Klavier begleiten. Unumstritten war Ruttmanns Film schon 1927 bei der Premiere nicht. Er bleibe an der Oberfläche, urteilte der Vorwärts: „Er zeigt den Rhythmus, das Leben der Stadt, doch er dringt nicht tiefer ein, er zeigt nicht den Berliner Menschen, der diesen Rhythmus treibt, er enthüllt nicht die Seele des Großstädters.“ Als Zeitzeugnis erzählt der Film heute allerdings eine ganze Menge über einen Tag im alten Berlin. Und Willy Sommerfeld ist dafür der trefflichste Begleiter. jkn
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