„Rutsch mir den Buckel hinunter und fertig“

■ Die deutschen Skiprofis Gerg und Ertl bleiben nach dem medaillenlosen WM-Auftakt gelassen

Vail (taz) – Den vierten nennen sie in der Branche auch den Holzplatz. Der Holzplatz schmerzt gemeinhein besonders. Hilde Gerg aber lachte, befand ihre Linie vom Starthaus bis zum Zielhang für „ganz gut“, und daß sie in den letzten Sprung des Super G von Vail „ein bisserl zu frech“ und mithin zu schnell hineingefahren war, „jo mei, das hat mich wohl die Medaille gekostet“. Droben am Berg glänzte noch immer die einsame Spur der gerne und auch von sich selbst „wilde Hilde“ genannten Skifahrerin. Dies Spur, unterhalb des vorletzten Tores weit abseits der Ideallinie in den Schnee gezogen, sah aus, so als solle sie das Frollein Gerg ermahnen, bei den Abfahrten heute (Kombination) und am Sonntag (Spezial) an dieser Stelle besser aufzupassen. Soll sie. „Ich glaube, den Fehler mache ich nicht mehr“, sagte Gerg.

Den fünften nennen sie in der Branche auch den Blechplatz. Auch der schmerzt. Aber Martina Ertl lachte, befand ihr Rennen als „ganz gut“, im oberen Teil sogar „sehr gut“ und danach, „mein Gott, da bin ich wohl in einigen Kurven zu hart gefahren“. Zu hart heißt: zu sehr mit Kraft, zu ruppig, zu unruhig, sowas kostet Zeit, nicht viel, aber genug in der absoluten Weltklasse. Ein gutes Ergebnis sei Rang fünf bei einer WM „auf keinen Fall, weil da nur die Plätze eins bis drei zählen“, aber da das Material stimmt und sie sich wohl fühlt, sieht Frollein Ertl ein Leuchten am Horizont. „Ich glaube, im Riesenslalom und in der Kombination habe ich gute Chancen“, sagte sie. Ziemlich gefaßt präsentierten sich die deutschen Vorfahrerinnen nach ihren enttäuschten Medaillenhoffnungen, und sie trösteten sich mit einem Blick in die Vergangenheit. Sei es bei WM oder Olympia gewesen, im ersten Wettbewerb hatte es nie zu einer Plakette gereicht, später dann aber schon.

So sieht das auch Wolfgang Maier. Der ehrgeizige Frauen- Cheftrainer des Deutschen Skiverbandes scherzte gar: „Also eingraben tu' ich mich nicht, denn sie sind ja nicht schlecht Ski gefahren.“ Mit der letzten Läuferin im Ziel sei doch „jedes Rennen auch schon History“ und deshalb Gelassenheit das beste. „Einmal nachdenken ist erlaubt“, empfahl Maier, „und dann sagt man, rutsch mir den Buckel hinunter und fertig.“

Zweieinhalb Stunden nach dem Super-G-Rennen war im „Vail Village“ die Siegerehrung. Die ersten sechs wurden den Leuten präsentiert, nicht nur die drei österreichischen Medaillengewinnerinnen Meissnitzer, Götschl und Dorfmeister. Und so gab es auch für die Vierte (Gerg) und die Fünfte (Ertl) Beifall.

Den kann man nicht mit nach Hause nehmen, aber eine Lehre war es trotzdem: Das ganz schnelle Vergessen fängt doch erst bei Rang sieben an. Ralf Mittmann