piwik no script img

Der Ärger geht weiter

■ Was wird aus den LaMa-Häusern? Bezirk verweigert den Verkauf an Kita-Initiative, weil der Besitzer einen Wucherpreis verlangte Von Heike Haarhoff

Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte nicht unbedingt. Sternipark-Geschäftsführer Jürgen Moysich jedenfalls schäumt, wenn er den Stand seiner Planungen für eine Kindertagesstätte in den LaMa-Häusern (Laeiszstraße/Marktstraße) im Karo-Viertel schildern soll: „Bereits im Juni 1994 haben wir den vereinbarten Kaufpreis für die Hütte beim Notar hinterlegt. Schon morgen könnten wir mit dem Umbau anfangen, doch der Bezirk weigert sich.“

Grund für die unübliche Bauverzögerung – zwischen allen Beteiligten herrscht Einvernehmen über die Art der künftigen Gebäude-Nutzung – ist seit mehr als einem Jahr der Verkaufspreis: Wucher witterte der Bezirk und untersagte dem Hamburger Immobilien-Spekulanten Nikolai Rabels, 570 000 Mark für ein marodes Bauwerk zu verlangen, das ihn selbst samt Grundstück weniger als die Hälfte gekostet hat. „Wir müssen ungerechtfertigte Wertsteigerungen vermeiden“, beruft sich Peter Gero, Baudezernent in Mitte, auf das Baugesetzbuch. Danach ist die Zustimmung des Bezirks bei Hausverkäufen im Sanierungsgebiet unerläßlich. Spekulationsgeschäfte sollen so unterbunden werden.

Doch Investor Rabels bleibt stur. Mittlerweile ist der Streit im bezirklichen Widerspruchsausschuß gelandet, der, so Gero, „in spätestens drei Wochen entscheiden soll.“ Drei Schlichtungswege sind möglich. Erstens: Nikolai Rabels verscherbelt die Häuser für 330 000 Mark, was nach gutachterlicher Schätzung ihrem heutigen Wert entsprechen würde. Zweitens: Der Bezirk fügt sich, weil der Druck aus dem Viertel auf neue Kindergartenplätze und Wohnungen immer stärker wird. Drittens: Der Bezirk akzeptiert den hohen Preis, der Investor bzw. künftige Eigentümer verpflichtet sich im Gegenzug, die Nutzungsfläche zu vergrößern, denn an ihr orientieren sich Verkaufspreise.

Da die beiden ersten Varianten als unwahrscheinlich gelten, setzt Peter Gero auf die dritte: „Wir müssen eine Lösung finden, denn sonst geht die Sache vor Gericht.“ So ein Verfahren – gerechnet wird mindestens mit zwei Jahren – kann sich der Bezirk eigentlich nicht leisten: Die 300 Quadratmeter Wohnraum und die 84 Kita-Plätze, aufgeteilt in eine Hort- sowie je zwei Elementar- und Krippengruppen, die Sternipark einzurichten verspricht, sind dringend nötig. Währenddessen verrotten die seit fünf Jahren leerstehenden und mehrfach besetzten LaMa-Häuser immer mehr; unter neuankommenden Obdachlosen in Hamburg werden sie inzwischen als begehrte Adresse gehandelt.

Investor Rabels kann sich – zum Ärger aller Beteiligten – derweil gemütlich zurücklehnen und der Dinge harren, die da kommen: Sollte die Einigung nicht zustande kommen, bleibt ihm immer noch die Möglichkeit, die Häuser abzureißen: Eine vorgesehene Unterschutzstellung als Denkmal wurde verworfen. Laut Bebauungsplan-Entwurf St. Pauli 38, der auf jüngste Empfehlung des Stadtplanungsausschusses voraussichtlich im Dezember ausgelegt wird und dem Erneuerungskonzept entspricht, können die LaMa-Häuser ebenso gut erhalten wie dem Bagger zum Opfer fallen.

Das wollen aber weder Sternipark noch Bezirk: „Die Häuser müssen stehenbleiben“, fordert Peter Illies, Leiter der Stadtplanungsabteilung. Inzwischen will sich auch die Stadtentwicklungsbehörde in den Konflikt einschalten: „Senator Mirow wird sich der Sache annehmen“, wollte Steb-Sprecher Bernd Meyer gestern nichts Genaueres verraten. Solange freut sich niemand im Dreier-Bund.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen