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350 Mark die Nacht

■ 55 Millionen besuchten 1994 Hamburg und ließen jede Menge Geld und Abfall in der Stadt Von Heike Haarhoff

55 Millionen Touristen – das sind fast so viele Menschen wie die alten Bundesländer Einwohner zählen – latschten im vergangenen Jahr durch die Hansestadt: Ließen sich durch den Hafen schippern, glotzten sich die Augen auf dem Kiez aus dem Kopf, besuchten eins der vielen Musicals (oder gleich zwei, sonst schafft man das große Angebot ja gar nicht) oder gingen zu Kongressen oder Geschäftsessen: 60 Prozent der Hamburger Touristen kommen aus geschäftlichen Gründen an die Elbe, sagte gestern der Geschäftsführer der Tourismus-Zentrale Hamburg (THZ), Dietrich von Albedyll, bei der Vorstellung des Gechäftsberichts 1994.

Mit 4,1 Millionen Übernachtungen – das sind 3,9 Prozent mehr als 1993 – verbuchten die Hamburger Hotels einen neuen Rekord. Und die Leute zahlen: Rund 350 Mark lassen sie sich eine Nacht im Hotel kosten. Wen wundert's da, daß der klassische Hamburg-Besucher älter als 35 Jahre und im Besitz einer gut gepolsterten Geldbörse ist. Die meisten Besucher (39 Millionen) bleiben jedoch nur einen Tag in Hamburg; zwölf Millionen übernachteten bei Privatleuten.

Ziel der THZ für die kommenden Jahre ist, die Übernachtungszahlen bis 1998 auf fünf Millionen zu erhöhen. Mehr Menschen – bisher sind es 30.000 – sollen künftig vom Tourismus leben können. Damit die Fremdenströme (finanzkräftige, versteht sich) auch angelockt werden, soll alles attraktiver und bequemer werden: Mit dem Informationssystem Hamburg City Soft ist es schon heute möglich, von München aus Bett, Bahnkarte und Billet fürs Theater zu buchen. Auch um „ausländische Besucher, ein ganz schwerer Markt für uns“, will man sich künftig verstärkt kümmern. Unglücklich daran sei nur, daß es immer weniger Auslands-Direktflüge vom Hamburger Flughafen gebe.

Daß viele Touristen zum Ärger der „Einheimischen“ dazu neigen, ihren Müll fallenzulassen, sobald sie ihre heimatlichen Gefilde verlassen haben (immer schön nach dem Motto: Hier kennt man uns ja nicht), weiß auch Dietrich von Albedyll. Doch die Solidarität mit den geplagten St. Paulianern beschränkt sich aufs Bedauern: Zu einer kleinen Geldspende – umt die hohen Müllgebühren der Anwohner für die ständig nötige Reinigung zu senken – will sich niemand von der THZ hinreißen lassen: Es sei Sache der Stadtreinigung, ordentlich zu wirtschaften. Immerhin führe man Gespräche, um das Problem zu lösen. Darum bemüht sich auch der Bezirk Mitte: Die Bezirksversammlung beschloß am Dienstag, sechs Müllberater zur Kontrolle einzusetzen und fordert, daß die Müllgebühren nicht zu Lasten der Einheimischen erhöht werden dürfen.

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