■ Urdrüs wahre Kolumne: Schweinkram vom Krankenbett
Trotz meiner Sympathien für das süße Kinoferkel Babe bin ich bislang nicht bereit, die rituelle Opferung von Borstenvieh für den menschlichen Genuß als Schweinemord zu denunzieren – vorausgesetzt, die Ergebnisse überzeugen geschmacklich und der Vorgang an sich wird von verantwortungsbewußten Fachleuten in bester handwerklicher Tradition vorgenommen. Absprechen aber möchte ich die Lizenz zum Töten dem hiesigen Wurstindustriellen Karl Könecke, der sein Recht dazu nicht nur durch seine Steuerflucht, sondern auch durch seine mindergütige Gesamtproduktion verwirkt hat. Daß dieser wenig respektable Fleischvermarkter jetzt seine immobilen Altlasten in Hemelingen für teuer Geld seinem einstigen Gegenspieler, dem Finanzsenator, zum Kaufe andient und dabei offenbar noch ein Millionending zugunsten der eigenen Kriegskasse dreht, zeigt einmal mehr, daß Stamokap nicht nur überholte Theorie, sondern gängige Praxis zwischen Schütting und Rathaus ist: für ein paar geplatzte IIb-Würstchen ist eben manches zu haben.
Die Boshaftigkeit der ortsansässigen Christenunion in ihrer Kampagne „Kanacken raus!“ kennt offenbar keine Grenzen mehr: Jetzt sollen auch noch die unschuldigen Kinder als Objekte in der fremdenfeindlichenAbwehrschlacht instrumentalisiert werden. Nachhilfe für ausländische Jungen und Mädchen wollen die CDUler künftig aus eigenen Reihen organisieren und da stellt sich nun wirklich die Frage, welchen Schweinkram Mustafa, Hatice und Fatma künftig von so abgeschwiemelten Steißpaukern wie Niederbremer Günter oder Motschmann Lieschen lernen sollen. Wir empfehlen mehr Kurse im kurdisch-folkloristischen Mili-Tanz in Apos kleiner Stadtteilschule.
Apropos ... Der senatorische Kindskopf Ralf Borttscheller soll nicht zu sehr damit rumprahlen, daß es seine Bullenstrategie war, die bislang größere Festspiele zu Ehren Öcalans in Bremen verhindert hat. Zum einen habe ich krankheitsbedingt bislang noch nicht in die Regie eingreifen können, und zum anderen gilt der Grundsatz von Mao Tse Tung und Muhammad Ali, daß der Gegner dann am besten zu schlagen ist, wenn er damit überhaupt nicht rechnet.
Wahre Größe wird oft erst im Nachhinein erkannt: Schmerzlich habe ich im Weser Report die goldige Feder von „Bremen privat“-Kolumnist Martin Globisch vermißt, der uns zur Premiere von „Jeckyll & Hyde“ die wirklich wichtigen Dinge mitgeteilt hätte. Welcher singende oder fliegende Zahnarzt etwa mit welchem Trendfriseur seinen Absacker an welcher Theke getrunken und welche sozialdemokratische Nachteule mit welchem Fischhändler Händchen gehalten hätte. Von der reichlich pomadigen Nachfolgerin Bettina Gößler erfahren wir lediglich „Gudrun Landgrebe äußerte immer wieder ihre Begeisterung über die Inszenierung ... Schauspielerin Gudrun Landgrebe übermittelte Regisseur Dietrich Hilsdorf ihre Begeisterung ...“, wobei rein gar nichts über die Getränke ausgesagt wird, die solche Begeisterung vermutlich inspiriert haben. Immerhin gibt die neue Privatesse eine strunz-blöde Aussage von Nashorn-Bürgermeister Henning wieder, der in Hamburg im „Vier Jahreszeiten“ jubelte: „Bremen ist ohne Brillant gar nicht mehr vorstellbar.“ Dieses fragwürdige Lob für das auf edel getrimmte Anzeigenblatt Bremen Brillant ist meines Wissens die erste realistische Einschätzung von Scherf zum seidenen Faden, an dem die Existenz dieses Bundesländleins hängt.
Allen LeserInnen, KollegInnen und sonstigen Tazzen, die mir Grüße ans Krankenbett übermittelten oder gar Rosenkränze beteten und Mantren für meine Gesundheit murmelten, heute schon mal ein herzlicher Dank. Nach vollständiger genesung wird sich dazu noch ausgiebig äußern
Ulrich „Herzilein“ Rei- neking
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