: Zwischen Gleichgültigkeit und Ablehnung –betr.: „Öcalans Anwälte erleben den Rechtsstaat à la Türkei, taz vom 27./28.2.99
Focus, Spiegel, die Zeit... Im deutschen Mediendschungel scheint ein unausgesprochenes Abkommen zu bestehen, der kurdischen Frage jede politische Legitimation zu entziehen, zu verschleiern, was wirklich geschieht. Auch die taz-Berichte halten sich im Vergleich etwa zu le monde oder il manifesto an die notwendigsten Fakten.
Während sich in ganz Europa eine breite Solidaritätsbasis bildet, bildet sich in Deutschland eine Situation zwischen Gleichgültigkeit und Ablehnung. Der grüne Bürgermeister Roms lud die europäischen Kurden zur Großdemonstration am 25.2. ein. An dieser Großdemonstration beteiligten sich selbst sozialdemokratische Parlamentarier und Minister der italienischen Regierung. Der österreichische Innenminister Schlögl spricht sich gegen ein Verbot der PKK aus. Deutschland hingegen scheint erneut ein Spaziergänger an den Ghettomauern der Welt zu werden. Aber Gleichgültigkeit und Verbrechen tragen denselben Namen. Haimo Perkmann, Uni-Solidaritätskommittee Kurdistan, Wien, Österreich
Im Triumphgefühl des Sieges zeigt der türkische Staat sein wahres Gesicht. Selbst ein Gespräch des kurzzeitigen Anwalts mit Öcalan wird ganz offen aufgezeichnet.
Damit beantwortet der türkische Staat auch wieder einmal die Frage selbst, ob der Kampf der PKK berechtigt ist. Jeder, der sehen will, kann erfahren, daß die Kurden auf demokratischem Wege keine Chance haben, ihre legitimen Rechte als nationale Minderheit in der Türkei zu erreichen. Der türkische Staat selbst legitimiert den Terror der PKK.
Wenn man dieselben Maßstäbe an die türkische Politik anlegen würde wie an die Politik der jugoslawischen Regierung, dann müßte die Nato jetzt über Bombadierungen und Intervention in der Türkei debattieren. Doch statt dessen ist die Türkei noch immer Mitglied der Nato und steht unter deren vollem Schutz.
Es geht also in der Jugoslawien-Politik der Nato und der Europäer nicht um Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen, um die Sicherheit nationaler Minderheiten usw. Das alles ist nur Heuchelei, genauso wie der Appell an den Nato-Partner Türkei, Öcalan einen fairen Prozeß zu machen. Hans Schilling, Berlin
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