: „Die haben sich vor Angst in die Hosen geschissen“
■ Trotz des erwartungsgemäßen 0:2 gegen die Bayern ist HSV-Trainer Pagelsdorf sehr sauer
Hamburg (taz) – Frank Pagelsdorf stapfte durch die Mixed Zone des Volksparkstadion und blickte sich um, ob er nicht etwas fände, woran sich wütend rütteln ließe. Der als emotional bekannte Trainer des Hamburger SV versuchte, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten, hatte aber damit gewisse Schwierigkeiten. „Ich bin sehr verärgert“, sagte er später und gestand damit öffentlich ein, was ohnehin alle wahrgenommen hatten.
Warum eigentlich? Alles ist doch gekommen wie prophezeit: Seine Mannschaft hat gegen den designierten Meister Bayern München mit 0:2 verloren. Überlegen wie seit Wochen hatten die Rotoren von Ottmar Hitzfeld ihr Spiel gespielt und zumindest in der ersten Halbzeit dem staunenden Hamburger Publikum gezeigt, wie schön Fußball manchmal sein kann. Einzig die Verletzung Giovane Elbers, der sich beim 2:0 das linke Außenband riß, störte.
Aber genau dieser Spielverlauf brachte Pagelsdorf auf die Palme. Seine Spieler hätten sich „angestellt wie das Kaninchen vor der Schlange“, befand der Coach, „die haben sich doch vor Angst in die Hosen geschissen.“ Dabei hatte der Weingummi-Freund unter der Woche noch süß geträumt: „Die Spieler haben im Training gegrätscht, sich angemacht und die große Klappe geführt.“ Tatsächlich hatte Bernd Hollerbach noch groß getönt, daß die Bayern ein heißer Tanz erwarte, der HSV 2:1 gewinne und Anthony Yeboah beide Tore mache. Der Vorstandsvorsitzende Rolf Mares erwartete „mindestens ein Unentschieden, vielleicht gewinnen wir sogar“.
Als es dann galt, schauten die HSV-Profis nur ehrfurchtsvoll zu und übernahmen sogar die Aufgabe, die Tore zu erzielen. Beim 1:0 stocherte Fabian Ernst eine Ecke von Mario Basler der Einfachheit halber ins eigene Tor. Und beim 2:0 ließ die Abwehr ihren Torhüter Hans-Jörg Butt einfach allein in der Hoffnung, er werde eine Kopfballrückgabe von Nico-Jan Hoogma schon klären. Statt dessen prallte er mit Elber zusammen, und der Ex-Hamburger Hasan Salihamidzic, ebenfalls allein gelassen, staubte ab. „Zwei so dämliche Tore“, so Mares' Fazit, „darf man in der Bundesliga nicht kassieren.“
Pagelsdorf ärgerte sich über die Gegentreffer und darüber, daß nun erneut die Diskussion um seinen Arbeitsplatz aufflammen wird. Schon nach dem 1:4 beim VfL Wolfsburg eine Woche zuvor war der Coach in die Offensive gegangen. „Wenn der Verein mit meiner Arbeit nicht zufrieden ist, dann soll man es mir sagen“, hatte er gesagt und damit von seinen Funktionären das Gegenteil eingefordert. Erschrocken reagierte der Theaterintendant Mares („Mit diesem Trainer gehe ich durch dick und dünn“), tat wie geheißen, stellte aber auch klar, daß sich der Trainer einer Kritik stellen müsse: „Nach den zwei kommenden schweren Auswärtsspielen wird eine sportliche Bilanz gezogen.“ In dieser Woche muß der HSV zu den Abstiegskandidaten Bochum und Rostock reisen.
Aber Frank Pagelsdorf hat zum Glück ein Rezept, wie er seine Mannschaft bis zum Nachholspiel morgen im Ruhrstadion wieder aufbauen kann: „Wachrütteln! Zweieinhalb Tage rütteln! Am Kopf!“ Eberhard Spohd
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen