: Die Kassen bitten zur Kasse
■ Krankenkassen fordern Bettenabbau in Hamburgs Kliniken / Harte Verhandlungen über Pflegesätze stehen bevor Von Patricia Faller
Daß sich Krankenkassen und Krankenhäuser über Geld streiten, ist so neu nicht. Doch die Verhandlungen über die Pflegesätze für 1996 dürften hart werden: Der Abbau von bis zu 2 000 Krankenhausbetten steht zur Diskussion.
Denn erstmals wird nach dem neuen Krankenhausfinanzierungsrecht verhandelt. Bisher waren die Erhöhungen festgelegt auf 3,8 Prozent pro Jahr, so sah es das Gesundheitsstrukturgesetz vor. Ausgangsbasis für die Berechnungen war das Jahr 1992. Das Budget der Hamburger Krankenhäuser lag danach bei rund drei Milliarden Mark pro Jahr. Künftig aber muß das Budget über Fallpauschalen und Sonderentgelte ausgehandelt werden, nicht nach Tagespauschalen wie bisher.
Doch die Ausgangspositionen der beiden Verhandlungspartner scheinen unvereinbar. Auf der einen Seite die Krankenkassen: Sie würden am liebsten ganze Abteilungen oder gar Krankenhäuser in Hamburg schließen lassen. Welche, das wollen sie der Phantasie der Gesundheitsbehörde überlassen. Sie führen an, daß Hamburg mit 763,18 Mark die höchsten Pflegesätze Deutschlands habe, rund 311 Mark über dem Bundesdurchschnitt. Und das müsse sich gefälligst ändern.
Das Argument, Hamburg müsse medizinische Versorgung für das Umland bereithalten, läßt die Geschäftsführerin der AOK, Karin Schwemin, nicht gelten. In den vergangenen 20 Jahren seien in Niedersachsen und Schleswig-Holstein viele Spezialkliniken entstanden, die auch von Hamburgern benutzt würden. Bekomme man die Krankenhauskosten nicht in den Griff, müßten eben die Beitragszahler wieder kräftig zur Kasse gebeten werden.
Und vor dem Hintergrund der bevorstehenden Kassenwahlfreiheit der Versicherten lastet diese Vorstellung schwer auf den Gemütern der Kassenchefs. Deshalb fordern sie, daß in Hamburgs Krankenhäusern rund 2 000 Betten abgebaut werden sollen. Die 900, die im Hamburger Krankenhausplan 2000 vorgesehen sind, reichten längst nicht aus, so Schwemin.
Auf der anderen Seite stehen die Hamburger Krankenhäuser: Sie fordern mehr Geld, im Interesse ihrer Patienten natürlich. Gestiegene Patientenzahlen – 15.000 vollstationäre in den vergangenen drei Jahren – führen sie unter anderem ins Feld. Dafür sei wiederum mehr Pflegepersonal notwendig, darüber hinaus seien die Grundlöhne für das Krankenhauspersonal gestiegen.
Außerdem sei in den vergangenen drei Jahren keine Mark für die Instandhaltung von Krankenhäusern gezahlt worden, so Hartwig Mellmann, Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft. Denn waren bisher die Länder für die Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen zuständig, so entschied das Bundesverwaltungsgericht 1993, daß künftig dafür die Krankenkassen aufkommen müssen. Diese weigern sich aber strikt.
Noch ein Knackpunkt im Kassen-Kampf.
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