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Hier rührt der Komponist persönlich

■ Arnold-Quartett und Gäste uraufführten das Klavierquintett des Bremers Michael Töpel

Das Archiv „Deutsche Musikpflege Bremen e.V.“ gehört als Veranstalter eher zu den kleinen Pflänzchen im Bremer E-Musik-Geschehen. Vier mal pro Saison lädt es zum „Waagekonzert“ in die alte Stadtwaage an der Langenstraße und läßt Musik nach Originalnoten erklingen. Oder es stellt einen Komponisten aus der Region vor. Zum Abschluß der Saison 1998/99 war jetzt die Uraufführung des Klavierquintetts des Bremers Michael Töpel zu hören.

Mit Mozarts Klavierquintett in Es-Dur KV 449 eröffnete das „Arnold-Quartett“, ein Ensemble der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, den Abend. Ursprünglich ist das Werk ein Klavierkonzert. Doch auch in dieser Fassung für fünf Musiker wird der solistische Part des Klavieres besonders betont. Während die Mitglieder des Quartetts von Beginn an auf gewohnt hohem Niveau homogen und souverän spielten, fiel die Pianistin Annette Töpel von ihrer Ausstrahlung stark ab. Ein sehr unvorteilhafter Einstieg in das Konzert. Doch gleich im Anschluß durfte ihr Mann Michael Töpel seine Qualitäten als Komponist unter Beweis stellen.

Sein Klavierquintett ist ein dreisätziges Werk. Die Betitelung, die lediglich die Besetzung wiedergibt, wählte er, wie er sagte, um die Zuschauer in keine Richtung zu lenken. Sie sollten nach dem Wunsch des zur Zeit als Lektor für zeitgenössische und Klaviermusik in einem Kölner Musikverlag arbeitenden Bremers möglichst unbefangen an sein Werk herangehen. Also ließ man die Musik einfach auf sich wirken. Was sich dem Hörer bot, war ein erster Satz, der charakteristisch irgendwo zwischen Free-Jazz und Spätromantik angesiedelt war. Der Zweite entwickelte eine in sich ruhende Klangfläche. Dann aber im dritten Satz: Scheinbar grundlos eingesetzte flagiolettierte Parzialtonreihen des Cellisten, effekthaschendes Klopfen der Pianistin auf dem Flügel und rhythmische Verschiebungen in den Streichern, bei denen nicht deutlich wurde, ob es kompositorisch gewollt oder Freestyle ist. Spätestens hier merkte man, daß das Werk zwar die Handschrift eines soliden Handwerkers im Umgang mit kompositorischen Regeln trägt, aber keine augenscheinliche Aussage oder etwas musikalisch Neues beinhaltet. Man vermenge alle bekannten Musikregeln in einem Topf und rühre kräftig. Was dabei herauskommt, ist leichtverdauliche solide Hausmannskost, doch nichts Delikates.

„Webern hält auch nicht immer, was er verspricht.“ Das hatte Professor Wolfgang Schäfer vom Archiv Deutscher Musikpflege in seinen Begrüßungsworten angedeutet. Was er damit ausdrücken wollte, wurde bei dem folgenden Klavierquintett 1907 von Anton Webern deutlich: die Nähe zu Schönberg. Die Homogenität des Streichquartetts wurde unter anderem durch das klare Strukturenspiel in diesem eigentlichen programmlichen Höhepunkt spürbar. Dies konnte das nach der Pause folgende Klavierquintett f-Moll op. 34 von Brahms nur noch unterstreichen. Überragend dabei: der Cellist Stephan Schrader. Sarah Edel

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