■ Die Anderen: „Aftonbladet“ kritisiert die Rolle der Nato / „Iswestija“ glaubt, daß Rußland weder Serbien noch die Nato beeinflussen kann / Verständnis für die Nato hat „Liberation“ / Die Rolle der Journalisten im Krieg kritisiert „Corriere della Sera“
Die schwedische Tageszeitung „Aftonbladet“ kritisiert die neue Rolle der Nato: Sehen wir derzeit die Zukunft oder das Begräbnis der Nato? Vor dem Gipfel in Washington zum 50. Gründungstag ist die Situation absurd. Die Nato hat den Kosovo-Konflikt militarisiert, weil die UN gelähmt und Europa nicht fähig war, ein Problem auf dem eigenen Hinterhof politisch zu lösen. Aber das Kosovo ist alles andere als ein gutes Argument dafür, die Nato-Strategie dauerhaft anzuwenden. Ganz im Gegenteil. Ein nächstes Mal muß verhindert werden, indem sich die europäischen Staaten innerhalb und außerhalb der Nato um eine Kriegen vorbeugende Politik sammeln. Das neue Nato- Konzept droht die UN völlig ins Aus zu stellen. Es kann auch bedeuten, daß Rußland sich definitiv dem Aufbau eines friedlichen Europas verweigert. Das wäre ein großes Unglück.
Die russische „Iswestija“ glaubt, daß Rußland weder Serbien noch die Nato beeinflussen kann: Wenn die Vorbereitungen von Bodenoperationen der Nato wirklich in dem Ausmaß und Tempo laufen, wie es erklärt wird, dann ist das Sinnloseste, was Rußland tun kann, den Westen durch patriotische Hysterie aufhalten zu wollen. Der Westen hat sich zum Krieg entschlossen, dann soll er auch selbst die Folgen auslöffeln. Milosevic will gegen die ganze westliche Welt kämpfen, ohne sich von Moskau überreden zu lassen, und setzt die Serben den Bomben aus. Dann muß er eben versuchen, der Nato zu widerstehen. Keine der gegeneinander kämpfenden Seiten hört auf Moskau – dann braucht man auch nicht zu versuchen, für taube Ohren zu predigen.
Verständnis für die Nato hat „Libération“ aus Paris: Die Nato hatte zweifellos noch Illusionen über Milosevic: Die Strategen des Weißen Hauses hatten dekretiert, daß er rasch aufgeben würde. So hatten die Generäle dieses humanitären Krieges nichts für den Fall vorgesehen, daß die Serben die Kosovo-Albaner rausschmeißen würden. Die Nato ist überfordert: politisch, diplomatisch, militärisch und menschlich. Nur die, die traditionell dafür sind, nichts zu tun, die es akzeptieren, die Grausamkeiten dieser Welt mit Zynismus zu betrachten, können sich darüber freuen.
Die Rolle der Journalisten im Krieg kritisiert der Mailänder „Corriere della Sera“: Trotz der Erfindung des Fernsehens sieht man auch heute die Kriege nicht, man hört nur von ihnen. Statt an der Front zu sein, sind viele Berichterstatter gezwungen, im Hotel zu bleiben, auch weil der Kampf in der Luft stattfindet und nicht auf dem Boden. Der Krieg, sagte Georges Clemenceau, ist eine zu ernste Angelegenheit, um sie den Generälen zu überlassen. Bei den Journalisten ist er auch nicht besser aufgehoben.
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