Per Ringelreihen in Liga eins

■ Nach dem 24:21-Erfolg gegen Hameln wartet auf das glückliche 3.000-Seelen-Dorf Willstädt nun das Abenteuer Handball-Bundesliga

Willstätt (taz) – Um kurz vor halb elf hatte dann endlich auch der Musikverein Willstätt seinen großen Auftritt. Der Bürgerwehr- Marsch kam lauthals zum Vortrag, und daß das Blech leicht angeschrägt klang, kümmerte längst niemanden mehr. Mit „Nie mehr zweite Liga“-Gesängen aus 2.000 Kehlen hatte sich die Freudetrunkenheit schon vier Minuten vor Spielende erste Bahn gebrochen; nur eine Zeigerumdrehung später gab der Hallensprecher weiter Zunder: „Erste Handball-Bundesliga, wir kommen“, brüllte er wild ins Mikrophon; schließlich wurde noch vor dem offiziellen Schlußpfiff das große Spruchband ausgerollt, auf dem das Motto dieses denkwürdigen Augenblicks gepinselt stand: „Geschafft!“

Was nichts anderes hieß als: Der Turnverein aus Willstätt darf nächste Saison in der stärksten Handball-Liga der Welt mitwirken, weil er gleich zweimal die Oberhand behalten hatte in den beiden Aufstiegsspielen gegen die SG VfL/ BHW Hameln. 27:24 hatten die Badener das Hinspiel gewonnen, am Samstag siegten sie zu Hause 24:21. „Ich habe gewußt, daß es klappt“, stellte TVW-Trainer Hrovje Horvat auffallend gelassen fest, noch während seine Spieler Ringelreien tanzten inmitten der Fans. Dafür und für nichts anderes war der 52jährige Kroate, einst einer der weltbesten Handballer und 1972 Olympiasieger, ja auch in die 3.000-Seelengemeinde nicht weit vom französischen Straßburg gekommen. Schon vor seinem Amtsantritt vor knapp zwei Jahren hat Horvat den Vereinsverantwortlichen klargemacht, daß die Regionalliga für ihn und den TV Willstätt kein Dauerthema sein könne. Also hat er die Mannschaft auf Anhieb in Liga zwei geführt, nach ihrem zweiten Jahr ist es nun wieder eine Stufe höher gegangen.

Eine leichte Aufgabe wartet auf die Badener nicht in der wirtschaftlich so angeschlagenen Bundesliga, in der so mancher Verein über seine Verhältnisse lebt. Mit einer Etaterhöhung von derzeit 900.000 auf rund 2,5 Millionen Mark wollen die Willstätter das Abenteuer angehen. Die Pläne, um diesen auf sichere Beine zu stellen, brauchen laut Geschäftsführer Reiner Denz nur noch aus der Schublade gekramt werden: So soll das Fassungsvermögen der Halle von 1.700 auf rund 2.500 hochgepuscht werden, zwei Drittel der dann vorhandenen Stehplätze sind jetzt schon dauerhaft verkauft. Zudem müssen die kleinen und mittleren Sponsoren künftig 7.500 statt bisher 5.000 Mark hinblättern, um weiterhin Mitglied im „Club der 50“ bleiben zu dürfen, den einen oder anderen Topsponsor habe man ebenfalls schon an der Angel. „Die Hinrunde für nächste Saison ist jetzt schon finanziert“, freut sich über all das Geschäftsführer Denz. Die Rückrunde werden sie hoffentlich auch noch irgendwie hinkriegen. Frank Ketterer