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Mach dich frisch mit 40!

Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen von heute verbergen: Auf dem Jobmarkt tobt ein Generationenkonflikt  ■   Von Barbara Dribbusch

Berlin (taz) – So also wird man zum Problemfall. Schon bitter. 30 Absagen hat die Erzieherin von Berliner Kindertagesstätten kassiert. „Zu alt, zu teuer“, lautet die Begründung, warum die 41jährige trotz hervorragender Zeugnisse nicht mal zum Vorstellungsgespräch geladen wird. Sie müsse schließlich nach BAT-Tarif bezahlt werden und habe 15 Berufsjahre auf dem Buckel, heißt es. Jetzt will die alleinstehende Frau eine Umschulung anfangen. „Was bleibt mir anderes übrig?“ Daß sie über einen ABM-Platz einmal dankbar sein würde, hätte die ehemalige Kinderladenleiterin nicht gedacht.

Die Arbeitsmarktzahlen, die heute von der Bundesanstalt für Arbeit bekanntgegeben werden, mögen einen positiven Trend signalisieren. Doch der Jobkampf für Bewerber ab 40 ist härter geworden.„Das Alter entwickelt sich zu einem großen Hindernis bei der Jobsuche“, erklärt Barbara Koller vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Nicht nur sind ältere Mitarbeiter meist teurer. Personalchefs unterstellen den Jüngeren schlankweg, sie stürzten sich mit größerer Begeisterung und kreativeren Ideen in die Überstundenwoche. „Es gibt eigentlich keine Einstellung gegen Ältere, aber eine für Jüngere“, hat Koller festgestellt. Und das ist das Problem.

Im Rahmen einer noch unveröffentlichten Studie befragte die IAB-Forscherin 150 Personalverantwortliche danach, welche Rolle das Alter bei Neueinstellungen spiele. Die Antwort lautete wie bei Radio Eriwan: Im Prinzip keine. Aber man habe eben schon so viele Ältere und bevorzuge daher Jüngere, um die Altersstruktur ausgewogen zu halten, erklären einige Personalchefs. Oder man sei eben ein „junges Team“ und brauche daher alterspassende, jüngere neue Kollegen, sagen wiederum andere.

Der Anteil der 40- bis 55jährigen unter den arbeitslosen Hochschulabsolventen im Westen stieg von 26 Prozent im Jahre 1992 auf 36 Prozent im Jahre 1998. Der Anteil der jüngeren studierten JobsucherInnen ist hingegen gesunken. In der Outplacement-Beratung der Personalberatungsfirma Rundstedt liegt das Durchschnittsalter der KlientInnen inzwischen bei rund 45 Jahren. Wenn eine Firma pleite macht oder umstrukturiert – und das passiert immer häufiger –, finden sich die 40jährigen plötzlich auf einem knallharten Arbeitsmarkt in Konkurrenz mit 30jährigen wieder.

Die Tür zu Großunternehmen bleibt dann meist verschlossen. Bei Siemens in Berlin waren von den 12.000 Neueinstellungen im vergangenen Jahr weniger als zehn Prozent älter als 40 Jahre. Das Durchschnittsalter der Neuzugänge liegt unter 30, berichtet Siemens-Sprecher Enzio von Kühlmann-Stumm.

Erfahrungswissen ist zwar gut, jahre-, sogar jahrzehntelange immergleiche Routine bei der immergleichen Firma hingegen gilt heute als Manko. Bei der Unternehmensberatung Boston Consulting sollten berufserfahrene Neuzugänge nicht länger als drei bis fünf Jahre in einem anderen Unternehmen gearbeitet haben, berichtet eine Verantwortliche in der Recruiting-Abteilung. Bei Andersen Consulting werden 40- bis 45jährige nur eingestellt, wenn es sich um „absolute Führungskräfte“ handelt, heißt es im Recruiting.

Die Standardlösung für ältere Arbeitslose ist die – nicht ganz freiwillige – Selbständigkeit: als Unternehmensberater auf Honorarbasis, als Franchise-Nehmer, als Handelsvertreter und im günstigen Fall als sogenannter Interims-Manager; diese Experten räumen auf und verschwinden dann wieder.

Die Vorurteile der Personalchefs gegenüber Älteren lassen sich zumindest bei den Angestellten kaum physiologisch begründen. Mehrere Studien über Ältere in der Arbeitswelt weisen daraufhin, daß die kristalline Intelligenz, die auf Denkinhalten und Kulturwissen basiert, erst im 5. Lebensjahrzehnt ihren Höhepunkt erreicht. Lediglich die fluide Intelligenz, also die Verarbeitungsgeschwindigkeit, nimmt ab. Ältere können Wichtiges schneller von Unwichtigem trennen und daher genauso lernfähig sein.

Trotzdem liegen die Personalchefs mit ihren Vorurteilen nicht daneben. Nicht das biologische Alter ist das Problem, sondern die herkömmliche Berufsbiographie: Jahrelange Routine in ein und demselben Job töten Lernfähigkeit und Flexibilität, so ergaben einschlägige Studien.

Der Kündigungsschutz in Deutschland wirkt dabei nach innen und außen. Wer älter ist, hat ein geringeres Risiko als Jüngere, den Job zu verlieren. Und wechselt auch oft nicht mehr, schon aus Sicherheitsgründen. Wer seinen Job aber verloren hat, für den tun sich hohe Mauern auf, irgendwo wieder hineinzugelangen. Die Diskussion um frühes Ausscheiden durch Altersteilzeit bringt diesen Joblosen nichts: Sie können nicht in Altersteilzeit wechseln.

Die Unternehmen müssen in Zukunft jedoch umdenken. Denn die junge Generation schrumpft – im Jahr 2020 bilden die Älteren möglicherweise wieder eine notwendige Ressource für den Arbeitsmarkt.

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