Ein frisches Laugenbrötchen ist ein Stück Heimat

■ Deutsches Brot für Bundeswehrsoldaten in Mazedonien

Celopek/Skopje (dpa) – Redzep Ademi ist im Streß. Noch sieben Stunden, bis er die ersten Kaiserbrötchen an den Toren der Kaserne im mazedonischen Tetovo abgeben wird. Doch zuvor muß die 22 Meter lange, vollautomatische Backstraße angeheizt, müssen die Zutaten für die verschiedenen Teigsorten bereitgestellt werden. Redzeps letzter, kontrollierender Blick gilt der Portioniermaschine. Wenn alles gut läuft, werden gegen Mitternacht die ersten Brötchen vom Förderband laufen.

Redzep ist Bäckermeister. Sein Handwerk lernte er in Deutschland. Fünf Jahre lang bestritt er seinen Lebensunterhalt mit dem Bakken von Brötchen und Kuchen in Frankfurt am Main. 1994 kehrte er in seine Heimat Mazedonien zurück. Gemeinsam mit Vater und Bruder gründete er die Bäckerei Pekon. Heute ist er Kriegsgewinnler wider Willen. Denn der Krieg im Kosovo hat ihm Umsatzsteigerungen von 250 Prozent in nur zwei Monaten beschert: Seit Beginn ihrer Stationierung beliefert er die deutschen Soldaten, die als Teil der Nato-Truppen in Mazedonien stationiert sind, zunächst nur als Beobachter der humanitären Lage, nun als Helfer beim Aufbau der Flüchtlingslager. Rund 4.000 Mann zählt die Bundeswehr mittlerweile in Tetovo.

Für sie stellt die Bäckerei Pekon pro Tag nun 1.200 Brötchen, 400 Sauerteigbrote und über 1.100 Stück Laugengebäck zusätzlich her. Im April buk Pekon gar rund um die Uhr, so viel zusätzliche Weißbrote wurden nachgefragt. „Für die deutschen Soldaten ist ein frisch gebackenes Laugenbrötchen ein Stück Heimat“, weiß Redzep Ademi, der morgens um fünf die prall gefüllten Plastikkästen an den Toren der Kaserne abliefert. „An Sonntagen gibt es zusätzlich 520 Streuselkuchen, den mögen die Soldaten besonders gern“, so Redzep.

Doch nicht nur den Bundeswehrsoldaten schmecken die deutschen Brot- und Kuchensorten. Schon vor Beginn der Kosovokrise hatte Pekon Erfolg mit dem für mazedonische Verhältnisse ungewöhnlich dunklen Brot. „Wir mußten nur die Backzeit um eineinhalb Minuten verringern, damit das Brot mit der für hiesige Verhältnisse harten Kruste auch von unseren Landsleuten angenommen wurde“, meint Redzep. Seither verlassen die acht Brote, die nebeneinander auf das Förderband passen, diese bereits nach 31,5 Minuten. In Frankfurt waren es 33 Minuten.

Schon bald waren die deutschen Spezialitäten auch über die Grenzen Celopeks bekannt, einem kleinen Ort 15 Kilometer landeinwärts von Tetovo, wo sich heute Tausende von albanischen Flüchtlingen auf engstem Raum drängen. Das Geschäft lief so gut, daß Pekon schon Mitte 1998 die Kapazitätsgrenzen erreichte. „Wir wollten die Backstube erweitern“, sagt Redzep, „und konnten glücklicherweise einen zinsgünstigen Kredit in Anspruch nehmen.“ Denn die Ademis sind sogenannte Rückkehrer, die die Deutsche Ausgleichsbank (DtA) im Auftrag des Bonner Entwicklungsministeriums bei der Gründung oder Erweiterung von Kleinbetrieben fördert.

Mit dem Kredit über 110 000 Mark finanzierten die Ademis die gebrauchte, vollautomatische Backstraße. Mit 22 Meter Länge scheint sie die 25 Meter lange Backstube beinahe zu sprengen, die von außen eher wirkt wie eine überdimensionale Waschanlage: „In Deutschland haben sie die Maschine nach 20 Jahren ausgemustert“, weiß Redzep, Vater von zwei Kindern, „hier in Mazedonien leistet sie uns noch gute Dienste.“ Bis zum Jahre 2002 muß der Kredit mit einem Zinssatz von neun Prozent per anno zurückgezahlt sein.

„Schon vor Ausbruch des Krieges waren die Brüder Ademi auf dem besten Weg, den Kredit noch vor Ende der Laufzeit zurückzuzahlen“, berichtet Dieter Falk von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), die das Rückkehrerprogramm für die DtA in Skopje managt. „Mit den 28.000 Mark, die Pekon momentan monatlich zusätzlich einnimmt, scheint dies nun in greifbarer Nähe zu sein.“ Heute stößt man bereits an die nächste Kapazitätsgrenze: Anfragen von zwei Supermarktketten in der 70 Kilometer entfernten Hauptstadt Skopje, die mit den deutschen Backwaren beliefert werden wollen, mußten Redzep und seine jetzt 19 Mitarbeiter vorerst ausschlagen.

Die Mehreinnahmen sind das eine, das Flüchtlingselend, das Redzep tagtäglich mitbekommt, das andere. Aus Solidarität mit den Flüchtlingen haben er und sein Bruder beschlossen, ihre Brötchen an diejenigen Familien, die Flüchtlinge aus dem Kosovo aufgenommen haben, deutlich billiger zu verkaufen. „Das Flüchtlingselend können wir allein nicht mindern“, bleibt der Unternehmer Redzep realistisch, „aber wir müssen uns gegenseitig helfen – und wenn es nur im kleinen ist.“

Sabine Verwaal, dpa