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William will nicht kesseln

■ Rosenkriege, Teil 4: Matthias Brenner inszeniert Shakespeares „Heinrich V.“ an der Volksbühne als Sportstück mit Ballwechseln

Wie gemein. König Heinrich war sich gerade mit seiner neuen Krone ausgesprochen würdevoll vorgekommen, da erscheint dieser alberne Gesandte mit einer Botschaft und einem Geschenk des französischen Dauphins. Die Botschaft: Heinrich solle sich doch bitte schön nicht so könischlisch nach den französischen Herzogtümern strecken. Das Geschenk: „Tennisbälle ...?“ „Oui.“ 40 zu 0, Aufschlag Dauphin. Doch Heinrich nimmt's sportlich: Man werde sich jetzt mal die nötigen Schläger besorgen, das möge der Gesandte seinem Herrn ausrichten, und dann aus diesen Bällen Kanonenkugeln machen. 40 zu 15. König Heinrich V., formerly known as Prinz Heinz, schreitet davon, durch ein Meer von Tennisbällen, das inzwischen vom Bühnenhimmel herabgeregnet ist: Zeit, ein Mann zu werden.

Das ist also der vierte Teil des „Rosenkriege“-Projekts an der Volksbühne. Matthias Brenner inszeniert Shakespeares „Heinrich V.“ als Sportstück. Die Franzosen hüpfen weiß bekleidet über den Grund des Bühnenturms, den Bert Neumann für alle Königsdramen in den Prater gebaut hat, die Engländer staksen in dunklem Tuch über den Court. Links und rechts – das ist das Spiel der Könige! – sind Schiedsrichterstühle aufgebaut, die Heinrich und Charles als Thron dienen, und aus Shakespeares Pingpongdialogen hat Brenner regelrechte Ballwechsel gemacht: Immer wenn man eigentlich reden sollte, greift man sich lieber ein paar Bälle und prügelt sie quer durch das Bühnenrund.

Bei der Premiere am Donnerstag führte das fast zu einem Kollateralschaden. Direkt neben einer Zuschauerloge schlug eine der hochbeschleunigten grünen Filzgranaten in eine Leuchtstoffröhre ein, die unter lautem Knall zerbarst: Es ist Krieg, und „Heinrich V.“ hätte gut das Stück dazu sein können. Frankreich „entweder biegen, uns zu huldigen, oder es ganz zerbrechen“, diese Nato-Losung gibt der angry young king gleich zu Beginn aus, und Heinrich ist es dann auch, der durch den Feldzug in die Normandie endlich erwachsen wird – so wie Joschka Fischer in Rambouillet angesichts der Entscheidung über Krieg und Frieden zu sich selbst gefunden hat, wie er kurz darauf stolz verkündete.

Doch „Heinrich V.“ ist einfach nur das Stück zum Stück. Mehr nicht. Vom kriegerischen Untertitel „Der Kessel“ bleibt nur Williams schönes Wort vom „leeren Kessel, der immer am lautesten tönt“: Gastregisseur Matthias Brenner hat dem Volksbühnen-Publikum einfach einen halbwegs ordentlichen und gar nicht aufregenden Shakespeare hingesetzt. Mit vielen Strichen und einem Heinrich, der von Uwe Steinbruch ganz okay, aber irgendwie vorprogrammiert gespielt wird. Erst als gekränkter Möchtegernkönig, dann als martialischer Kriegsherr und fairer Sieger, und schließlich als Lover, der der französischen Prinzessin Katharine schnell noch unter den Rock krabbelt: Zuletzt ist eben doch alles nur Regression. Das ist nicht besonders originell, könnte im Theater allerdings wenigstens Spaß machen. Kolja Mensing

Die nächsten Vorstellungen: 2., 4. und 5. Juni um 20 Uhr im Prater, Kastanienallee 7–9

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