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Bodentruppen bleiben Zankapfel

■ Im Kosovo werden keine deutschen Truppen kämpfen, bekräftigt Bundeskanzler Schröder. Britische Presse berichtet über Nato-Pläne

Berlin (taz) – Noch gilt das kategorische Nein der Bundesregierung zum Einsatz von Kampftruppen im Kosovo. „Wir werden in jedem Fall Bodentruppen brauchen – das ist ja auch nie umstritten gewesen, wenn es darum geht, den rückkehrenden Flüchtlingen Sicherheit zu bieten“, sagte Günter Verheugen, der Staatsminister im Auswärtigen Amt, am Sonntag abend im ZDF. „Wozu wir nicht bereit sind – und ich sehe da auch keinen anderen, der das ist –, ist, Bodentruppen in das Kosovo zu schicken, um das Land freizukämpfen.“

Am Montag bekräftigte dies Bundeskanzler Schröder: „Ich habe immer erklärt, es wird eine Beteiligung an Kampfhandlungen am Boden nicht geben.“

Schröders Mitarbeiters Michael Steiner hatte zuvor in einem Zeitungsinterview gesagt, Deutschland könne sich nicht vor einer Beteiligung am Einsatz einer notwendigerweise schwer bewaffneten Friedenstruppe „drücken“. Steiner sagte im Tagesspiegel: „Bodentruppen ja, auch schwer bewaffnet, aber keine Kampftruppen ohne Konsens der internationalen Gemeinschaft und ohne Sicherheitsratsbeschluß.“ Weil er das Wort „Bodentruppen“ benutzte, wurde er von den Agenturen mißverständlich zitiert und erntete harsche Kritik von der Bundestagsabgeordneten Angelika Beer (Bündnisgrüne). Sie sei „entsetzt“, sagte die Verteidigungsexpertin ihrer Fraktion und warf Steiner „Bruch mit der bisherigen Politik“ vor. Schröder stellte klar, daß weder Regierung noch Opposition einem Kosovo-Kampfeinsatz im Bundestag zustimmen würden, deshalb sei alles andere eine „rein theoretische Frage“.

Für die britische Presse ist diese Frage längst nicht mehr theoretisch, sie berichtet bereits in relativ konkreten Details, wie eine Invasion von Nato-Truppen im Kosovo aussehen könnte – immer vorausgesetzt, ihr Einsatz würde von den politischen Instanzen angeordnet. Durchgesickert ist, daß diverse Optionen am vergangenen Donnerstag in Bonn bei einem ursprünglich geheimen Treffen der Verteidigungsminister aus den USA und der EU diskutiert wurden. Dem Daily Telegraph bestätigten Mitarbeiter des britischen Verteidigungsministeriums, daß bis zu 50.000 Briten im Falle eines Kampfeinsatzes auf den Balkan entsandt werden könnten.

Die Londoner Times schrieb am vergangenen Donnerstag, US-Präsident Clinton wolle bis zu 90.000 US-Soldaten für eine Invasionstruppe zur Verfügung stellen. In Washington und London sehe man ein, daß die Allianz sich auf den Einsatz von bis zu 160.000 Soldaten einrichten müsse.

Die in Bonn versammelten Verteidigungsminister stimmten darin überein, daß eine Entscheidung bis Mitte Juni gefällt werden müßte.

Bei Clinton haben die Erläuterungen des Nato-Oberbefehlshabers für Europa, US-General Wesley Clark, bei dessen USA-Besuch in der vergangenen Woche großen Eindruck hinterlassen. Clark verlangte während eines Briefings für Clinton, freie Hand bei der Auswahl der Ziele für die Luftschläge und ihrer Intensität. Fabriken mit militärischer wie ziviler Produktion oder private TV-Sendeanlagen müßten auch ins Visier genommen werden können, forderte Clark laut Washington Post. Stefan Schaaf

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