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Genialer Deal um Strom und Geld

■ HEW und Berliner E-Werke wollen sich gegenseitig kaufen / Therapie mit Nebenwirkungen für die schwindsüchtigen Stadtsäckel Von Marco Carini

„Wir sind sehr interessiert“, machte Joachim Lubitz, Vorstandsmitglied der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW), keinen Hehl daraus, daß der hanseatische Stromversorger geneigt ist, sich ein fettes Aktienpaket des Berliner Energieunternehmens „Bewag“ einzuverleiben. Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Denn Lubitz schlug vergangene Woche auf einer SPD-Anhörung in Berlin im gleichen Atemzug eine sogenannte „Kreuzbeteiligung“ vor: Die Bewag solle im Gegenzug auch einen größeren Posten HEW-Anteile erwerben.

Das Ziel des angedachten Aktien-Geschacheres: Rücklagen der beiden Stromversorger sollen in die maroden Stadtkassen Hamburgs und Berlins umgeleitet werden: HEW-Millionen nach Berlin, Bewag-Millionen nach Hamburg. Was die Stromkunden zahlten, schöpfen die Städte ab.

Der Hintergrund des genialen Finanztricks: Beide Energieunternehmen schwimmen im Geld und haben sich fette Polster gebildet. Und beide Stromversorger sind mehrheitlich in städtischem Besitz: Hamburg hält 71,4 Prozent der HEW-Anteile, die Bewag gehört zu 50,8 Prozent Berlin. Doch beide Metropolen – derzeit in akuter Finanznot – können sich die üppigen Rücklagen nicht so einfach einverleiben. Investiert die HEW ihre Finanz-Reserven aber in den Kauf von (städtischen) Bewag-Aktien, fließen die HEW-Millionen direkt in den Berliner Stadthaushalt. Kauft die Bewag im Gegenzug HEW-Anteile von Hamburg, kann auch die Hansestadt Haushaltslücken stopfen.

Während die Hamburger SPD auf ihrem Parteitag im November beschloß, die Stadt solle ihre HEW-Beteiligung von 71,4 auf 50,1 Prozent verringern, wird über den Verkauf von stadteigenen Bewag-Aktien bei den Berliner Koalitionsverhandlungen noch kräftig gestritten: Die CDU will den städtischen Bewag-Anteil von 50,8 Prozent auf gut 25 Prozent reduzieren, die SPD die Anteile – und damit das Sagen im Energiekonzern – möglichst behalten. Doch die Millionen werden gebraucht: Immerhin wird der Wert des feilzubietenden Bewag-Aktienpakets von Experten auf rund 1,2 Milliarden Mark taxiert, die demnächst zum Verkauf stehenden HEW-Aktien haben zur Zeit einen Kurswert von rund 800 Millionen Mark.

Daß auch in der Führungsspitze des Berliner Stromversorgers über die Kreuzbeteiligung ernsthaft „nachgedacht“ wird, mag Bewag-Sprecher Reinhard Heitzmann zumindest „nicht ausschließen“. Heitzmann: „Wir haben den Vorschlag von Herrn Lubitz aufmerksam zur Kenntnis genommen.“

Das Geschäft hat viele Fans: Selbst die Berliner Grünen und Teile der Spree-SPD liebäugeln inzwischen mit dem „Double-Deal“: Der Vorteil aus ihrer Sicht: Kaufen sich HEW und Bewag gegenseitig ihre Aktien ab, gehen zumindest die Elektrizitätsgiganten RWE, Veba und Viag – die den bundesweiten Strommarkt weitgehend unter sich aufteilen und damit die Energiepolitik der Republik bestimmen – leer aus. Auch Öko-Experten wie Nicolaus Richter vom „Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie“ halten das für „vorrangig“: „Diese drei Konzerne behindern seit Jahren den Umstieg auf eine Energiepolitik, die auf Stromsparen und regenerative Energiequellen setzt.“

Mit dem metropolen Tauschgeschäft könnte sich wohl auch Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender und Gegner der HEW-Aktienabgabe, anfreunden. Denn längst wird in der Umweltbehörde hinter vorgehaltener Hand der Hamburg-Berliner Anteilsschacher als „bestmögliche Verkaufs-Lösung“ gehandelt.

Der Aktiendeal – so scheint es – ist bei Ökonomen und Ökologen gleichermaßen beliebt.

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