: Herr Hefele kriegt zwei Minuten
■ Soll man Weiberfußball anschauen? Natürlich - nur Vogts soll die Klappe halten
Männer! Sportkameraden! Ich muß euch warnen!
Daß die Frauen sich immer mehr in Funktionen und Bereichen breitmachen, die eigentlich und gottgegebenerweise dem haarigen Geschlecht zustehen, dürfte sogar einem Sportseitenleser nichts Neues sein. Ich sage nur: MeßdienerInnen.
Das ist auch nicht so schlimm, weil wir sind nicht von gestern, und der Klügere gibt nach. Obwohl wir uns bewußt zurückhalten und beispielsweise nicht ins Synchronschwimmen und die Rhythmische Sportgymnastik drängen, weil wir den Frauen ihre ureigenen Sportarten nicht streitig machen wollen.
Soll man Weiberfußball anschauen? Natürlich – nur Vogts soll die Klappe halten
Aber gut – das ist jedem seine eigene Sache und eine Frage des Taktes. Wegen mir sollen Frauen Fußball spielen – die machen das auch wirklich hübsch im großen und ganzen. Ehrlich. Diesen Standpunkt habe ich immer vertreten. Auch an Stammtischen.
Und nun dies: Hinter meinem Rücken finden Spiele vor 80.000 Fans statt. Zwar im fernen Amerika, wo sie bekanntermaßen keine Ahnung vom Fußball haben, aber – immerhin.
Sechs Millionen amerikanische Mädchen würden aktiv Fußball spielen, heißt es. Ja, was heißt denn das? Haben die kein Synchronschwimmen? Jedenfalls haben mich diese Informationen etwas verwirrt und an meinem Weltbild genagt, und ich wollte mir das wieder mal anschauen. Männer! Sportkameraden! Ich bin wegen eines Weiberfußballspiels Montag früh um halb eins aufgestanden.
Und wen sehe ich? Den guten, alten Berti Vogts in Moderatorenunion mit einer kanariengelben Marianne Kreutzer, die es bekanntlich schon prämortal durch permanentes Anschleimen zur Wiedergängerin von Waldi Hartmann bringen will. Aber das ist eine andere Geschichte. Vogts und Kreutzer also, und da denkt es in einem, ob man will oder nicht: „Na, Bravo.“
Und es geht auch gleich gut los, denn Marianne Kreutzer fragt lange und ausgiebig zähnezeigend, ob ein 40minütiger Aufzugstopp, dem mehrere deutsche Nationalmädels zum Opfer fielen, nicht wohl eine Auswirkung auf die heutige Leistung haben werde ... aber alle sagen „nein“.
Auch Berti Vogts sagt „nein“. Apropos Vogts. Es ist immer noch dasselbe mit ihm. Er ist wohl ein braver und rechter Mann. Nur soll er sich endlich aus den Medien raus- und seine Klappe halten und mit seinem Sohn Achterbahn fahren. Weil: Es ist einfach nicht zum Aushalten!
Er müßte sich doch eigentlich in diesem Sport auskennen, und trotzdem redet er einen Stuß, der seinesgleichen sucht: „Freistöße – das können die Italienerinnen – das haben sie sich abgeschaut ...“ Und – ist das verboten? Müssen Männer Freistöße können, ohne jemals einen gesehen zu haben? Einer, der sich auskennt, würde sagen: „Die Freistöße der Antonella Carta sind schlicht und einfach klasse.“ Ohne Wenn und Aber und ohne diese ständigen unterschwelligen aufmunternden Klapse: „Das wird schon noch ...“ Einer, der sich auskennt, könnte überhaupt gar nichts anderes, als die Leistungen beider Teams vorbehaltlos anzuerkennen. Der Italienerinnen wie der Deutschen. Nix mit „... sehr ansehnliches Fußballspiel“. So was kriegen die Männer alle Jubeljahre hin.
Die Frauen sind gut. Die sind schnell, die spielen mit viel Risiko nach vorne, die spielen auf einem technischen Niveau, von dem sich alle momentanen Nationalspieler eine fette Scheibe abschneiden können, und sie spielen in der Defensive alles andere als körperlos. Sie reißen sich am Trikot und hauen sich blaue Augen. Das muß während eines Fußballspiels möglich sein – keine Widerrede.
Noch arbeiten müssen die deutschen Spielerinnen an ihrer Haartracht. Bitte – laßt ab von diesen albernen Fußballerfrisuren. Auch wenn sie noch so praktisch und „flott“ sind. Es reicht, wenn Skibbe ohne Not so herumläuft.
Ansonsten bleiben keinerlei Wünsche offen, und ich stelle mir schon mal den Wecker auf Freitag, 5.30 Uhr. Für das Spiel gegen Mexiko.
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