: Unterm Strich
Strafanzeige wegen des Verdachts der Wählertäuschung hat der Freundeskreis der Philharmonie Potsdam gegen den SPD-Landesvorstand gestellt. Trotz 320 gekündigten Kulturschaffenden in Brandenburg allein in diesem Jahr behaupte die SPD im Wahlprogramm, „die kulturelle Infrastruktur in Brandenburg konnte bisher durch die Maßnahmen der Kommunen und des Landes erhalten bleiben“. Außerdem wird die Strafanzeige mit dem Werbesatz begründet: „Die Schaffung neuer und der Erhalt bestehender Arbeitsplätze stehen im Zentrum unserer Politik.“
Aus Sicht des Freundeskreises sind es nicht finanzielle Gründe, die zu der beschlossenen Auflösung der Philharmonie führten, sondern ausschließlich politisch motivierte. Gegenvorschläge seien ignoriert und nicht einmal geprüft worden.
In diesem Jahr erhielten jeweils 120 Mitarbeiter des Theaters in Brandenburg an der Havel und des Kleist-Theaters in Frankfurt (Oder) sowie 80 Beschäftigte der Brandenburgischen Philharmonie Potsdam Kündigungsschreiben. Die Potsdamer Stadtverordneten hatten im Mai beschlossen, dass die Philharmonie zu einem Kammerorchester verkleinert wird. Anfang Juli erklärten sie ein vom Freundeskreis initiiertes Bürgerbegehren für den Erhalt des Klangkörpers für rechtlich unzulässig. Hier läuft noch ein Widerspruch des Freundeskreises.
Keine Strafanzeige gegen die SPD, aber doch eine heftige Klage führt der Niedersächsische Heimatbund wegen der sich verschlechternden Lage der Museen im Land. „Durch die enormen Kürzungen der öffentlichen Hand droht die Qualität der Museen zu sinken“, befürchtet die Geschäftsführerin Roswitha Sommer.
Die Museen könnten aus Geldmangel keine neuen Exponate erwerben oder Sonderausstellungen anbieten. Außerdem würden Planstellen nicht wieder besetzt, in vielen kleineren Museen fielen die 630-Mark-Jobs weg. „Vor allem die Stellen für die museumspädagogische Arbeit werden häufig gestrichen“, meinte Sommer.
Viele Museen seien deshalb in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, Eintrittsgelder zu erheben. „Dies alles führt dazu, dass die Besucherzahlen zurückgegangen sind. Es ist ein Teufelskreis“, meinte die Geschäftsführerin.
Und dabei ist die Provinz kulturell doch so ungeheuer mobil: Bereits in der ersten Woche seit der Eröffnung haben mehr als 10.000 Besucher die internationale Kunstausstellung „Onder den Oranje boom“– Niederländische Kunst und Kultur im 17. und 18. Jahrhundert an deutschen Fürstenhöfen“ im Schloss Oranienburg gesehen, die knapp 500 Exponate aus über 120 europäischen Sammlungen und Museen präsentiert. Zu den Prunkstücken der Schau zählen Gemälde von Anton van Dyck und Peter Paul Rubens.
Mit der Ausstellung ist das Schloss Oranienburg nach mehrjähriger Restaurierung, in die insgesamt 18 Millionen Mark flossen, erstmals für die Öffentlichkeit zugängig. Erste Bauherrin dieses frühesten Barockschlosses Brandenburgs war die Oranier-Prinzessin Louise Henriette. Ihr Gemahl, der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm, hatte ihr den Besitz im Jahre 1650 geschenkt.
Überhaupt scheinen Schlösser schwer in: Nach dem Motto: Raus aus dem Eigenheim, rin zu Kaisers, sind zur ersten Potsdamer Schlössernacht am Samstag gleich 40.000 Menschen aufmarschiert. Die Nacht war Teil einer bundesweiten Veranstaltung.Trotz des großen Andrangs wurden am Ende keine Schäden an Gebäuden und in Parks festgestellt. Um die Besuchermassen zu transportieren, waren 18 Busse im Pendeleinsatz.
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