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■ Urdrüs wahre KolumneStörtebeker & Co.

Wann immer und wo immer ein NATO-Flugzeug vom Himmel fällt, freut dies einen mir wohlbekannten bremischen Gastwirt derart, dass er an diesem Tage eine Lokalrunde schmeißt: Die neugrüne Botschaft von der menschenrechtsförderlichen Funktion flächendeckender Bombardierung hat den rebellischen Nostalgiker eben noch nicht erreicht. Als aber am Mittwoch die fliegenden Rotzlöffel von der Luftwaffe über Bremen wilde Sau spielten und den Luftkampf probten, war dem alten Nörgelbuff das auch nicht recht – und das, obwohl sowas über Bremerhaven schon mal zu einem bildschönen Absturz geführt hatte. Der Schnaps ist der Leber halt näher als das antimilitaristische Bewusstsein ...

Selbstverständlich steht es dem hochverehrten Hollerland-Verteidiger Gerold Janssen frei, seine knorrig-knöchrigen Beine auf Inline-Skates zu stellen: Diesen groben Unfug aber nun zu einer Strategie aufzuwerten, um über einen eigens dafür geteerten Jan-Reiners-Weg dem Öko-Reservat neue Freunde zu erschließen, das grenzt ja nun doch an einen Ostfriesenwitz minderer Güte! Ist nicht das schlichte Fußwandern jenseits von Hetzen und Keuchen die wahre Form der menschlichen Fortbewegung? Muss es nicht auch Reservate für jene geben, die sich dem Wahn sportlicher Raserei bewusst entziehen? Spricht nicht jede überfahrene Schnecke und jeder plattgerollte Regenwurm deutliche Worte gegen den ungebremsten Mobilismus der Spaß mit Gas-Fraktion? Jetzt blasen auch noch Hilde Adolf und Willi Lemke zum senatorischen Volks-Skaten zwischen Bremerhaven und Bremen für den Arbeitersamariterbund – vermutlich wird dabei sogar ein Aribert Galla-Gedächtnis-Rennen ausgetragen. In jedem Fall Hals- und Beinbruch, bitte sehr!

Tatort Sögestraße. Eine himmelblaue Plastikschüssel vor einem Fachgeschäft ist als Hundebar ausgewiesen und neben diesem Behältnis hockt ein vielleicht dreijähriges Wesen und senkt die Zunge hingebungsvoll in die Flüssigkeit. Kein Dackel, kein Cockerspaniel und erst recht kein furchterregender Rottweiler, sondern ein Kinde, neben dem recht beiläufig die mutmaßliche Mutter steht. Ja, sieht sie denn gar nichts von dem hygienisch fragwürdigen Vorgang? Entschlossen weise ich sie auf das Geschehen hin, erfahre aber eine recht verblüffende Reaktion: „Trink ruhig weiter, Kirsten. Glaubense etwa, dass so ein Kind bei der Hitze keinen Durst hat?.“ Bleibt zu hoffen, dass die Lütte nicht irgendwann mit irgendeinem Hasso um das Frolic zu raufen beginnt ...

Ausdrücklich ist festzuhalten, dass Andreas „AfB“ Lojewski offenbar doch zu den Ehrenmännern dieses Gemeinwesens zu rechnen ist. Nach mehrfacher öffentlicher Anmahnung seiner Bier-Wettschulden aus dem Ergebnis der Bürgerschaftswahlen wurde jetzt zur Begleichung derselben ein Umtrunk im „Lustigen Schuster“ vereinbart: Falls bei dieser Gelegenheit eine neue politische Bewegung für Freiheit, Lebensfreude und den sonstigen Pipapo gegründet wird, werden es die Leser dieser Kolumne als erste erfahren!

Frank soll er heißen, ein ganz süßer Anarchist und Musiker mit roten Haaren aus Bremen sein. Wer ein solches Individuum kennt, möge ihm herzliche Grüße von Hana aus dem böhmischen Beroun ausrichten: Sie hat ihn vor einem halben Jahr in Prag kennengelernt und die Anschrift verloren. Über mich mahnt sie auf diesem Wege: „Bitte melde dich!“ Dann tu's aber auch!

Da kann das Bremer Wasserwirtschaftsamt den Werftbesitzern also noch und noch verbieten, das hochgiftige TBT auf Schiffsrümpfe zu schmieren und in die Hafenbecken zu kippen, und doch machen diese Weißkragen-Kriminellen weiter, ohne dass Papa Staat etwas dagegen unternimmt: Kein Wunder, wenn da irgendwann Störtebekers Söhne kommen und auf der Lloyd-Werft mit dem Enterhaken aufräumen. Drauf und dran, Spieß voran! Und falls hinterher jemand von den Herren jammert, müssen sie mit Brackwasser auf ihre schweinischen Geschäfte anstoßen. Fordert heute schon mal

Ulrich „Godemichel“ Reineking

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