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High-Tech, Low-Speed

Frisch aus der Shimano-Schmiede kommt eine automatische Gangschaltung, die gemütliches Pedalieren noch gemütlicher macht  ■   Von Eberhard Schäfer

Ein Damenrad, Marke „Böttcher“, mit Einrohr-Rahmen und bequem tiefen Durchstieg, steht beim Steglitzer Händler „Fahrradhof“ zur Probefahrt. An diesem biederen Velo soll die tolle computergesteuerte Schaltautomatik „Nexus Auto-D“ dran sein? Fahrradhof-Mitarbeiter Detlef Goth klärt auf: „Das ist was für ältere Damen, die gemütlich einkaufen fahren wollen. Zum komfortbetonten Rad passe die Automatikschaltung vorzüglich, so der Fachmann. Machen wir die Probe aufs Exempel: Rauf auf den – weichen – Sattel.

Den Schalter am Lenker stelle ich auf „D“ wie „drive“ – das kenn ich doch vom Automobil. Ich strample los. Nach wenigen Sekunden, der kleine Tacho zeigt gerade mal Tempo 10 an, piept's aus dem Elektronenhirn, und sanft rastet die nächste Fahrstufe ein. Für mein Empfinden viel zu früh, war ich doch gerade erst in Schwung gekommen. Kaum kann ich dies zu Ende denken, kommt, exakt bei Tempo 12, der nächste Piep, der nächste Gang, und noch mehr Mühe. Beim Bergauffahren wird der ambitionierte Radler mithin für die Mühe bestraft, kein Tempo zu verlieren: 2 km/h mehr, und das Treten geht schwerer. Bergab dagegen, beim Treten ohne Kraft, ist in Sekundenschnelle die höchste Fahrstufe eingestellt. Man pedaliert gemütlich dahin, bequem aufrecht sitzend. Beim Start nach dem Ampelstopp geht es wieder im kleinsten Gang los. Sehr kommod, sehr unsportlich. Lust zum Wiegetritt kommt da nicht auf.

„Du hast zu viel Kraft“, belehrt mich Verkäufer Goth. „Die Automatik ist für Leute ausgelegt, die ganz langsam kurbeln, ohne Power.“ Goth erklärt: Die Automatik arbeitet geschwindigkeitsabhängig. Ein Sensor am Hinterrad meldet der elektronischen Kommandozentrale, die in einer unauffälligen Schachtel sitzt, das aktuelle Tempo. Daraufhin erteilt der Computer dem Schaltwerk, das wartungsfrei in der Hinterradnabe untergebracht ist, seine Befehle.

Es gibt noch ein zweites Schaltprogramm. Laut Betriebsanleitung soll die Automatik damit noch früher hochschalten. In der Praxis merkt man keinen Unterschied: Beim sagenhaften Tempo von 15 Stundenkilometern ist auch hier bereits die höchste Schaltstufe erreicht. Wer dann noch zulegen will, muss halt beherzter kurbeln.

Immerhin: Die Gangwechsel erfolgen sanft. Das Automatikgetriebe arbeitet störungsfrei, auch unter Belastung. Ruckeln oder Knacken, wie es etwa bei der legendären „Torpedo“-Dreigangnabe an der Tagesordnung war, ist unbekannt. Und sollten doch einmal sportliche Ambitionen aufkommen: kein Problem. Man kann die Automatik abstellen, und per sanftem Knopfdruck schalten und walten, wie man will.

Das gut ausgestattete, verhältnismäßig leichte Damenrad Marke „Böttcher“ mit Alu-Rahmen und vielen Alu-Teilen kostet mit dem Shimano Nexus Auto-D-System 1.499 Mark beim Fahrradhof Steglitz, Feuerbachstraße 26.

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