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Habibie ist der Verräter

■ Den Verlust Osttimors kreiden die Indonesier dem Präsidenten und der UNO an

Die Siedlung „Wisma Seroja“ im Nordosten von Jakarta ist ein kleines Schmuckstück: Die Straßen vor den Häuschen sind gepflegt, die Hecken geschnitten, Bougainvilleabüsche blühen rot und weiß über die Zäune. Hier wohnen die Witwen, Waisen und Invaliden aus dem 24-jährigen Krieg gegen die Unabhängigkeitsbewegung in Osttimor, mietfrei. „Operation Seroja“ war das Codewort für den Einmarsch der indonesischen Armee in die frühere portugiesische Kolonie 1975.

Doch nun ist die Ruhe gestört: Vor den Häusern hängen die weiß-roten Fahnen auf Halbmast. Am Zaun des Gemeindezentrums heften Transparente, die gegen die Australier und Präsident Habibie wettern: „Aussies, fahrt zur Hölle!“ heißt es da und „Herr Habibie ist Prof. und Dr., aber er hat ein schmutziges Gehirn, und er hat Osttimor verkauft“.

Gemeindechef Romidi, Oberstleutnant a.D., ist „sehr enttäuscht“ über das Referendum. Als Experte für die verdeckte Aufstandsbekämpfung war er 1978 nach Dili gekommen – zur Zeit der brutalsten Offensive der Armee. „Es gab viel Hunger“, erinnert er sich. Auch, dass „wir viele Tote begraben haben“.

Das Ergebnis der Volksbefragung, bei der vier Fünftel aller Osttimoresen sich für die Unabhängigkeit aussprachen, hat den Gemeindechef überrascht. Doch er hat schnell eine Erklärung parat: Schuld ist die UNO, die das Referendum organisierte. Deren Mitarbeiter „haben die Bevölkerung eingeschüchtert und so dazu gebracht, gegen Indonesien zu stimmen“, sagt er.

„Es ist eine Schande für Indonesien“, ruft der 27-jährige Veteranensohn Henu Sunarko. Seine Empörung hat ihn in den vergangenen Tagen vor die Botschaften Australiens und der USA getrieben, um gegen die „neokolonialistische Einmischung“ des Auslands zu demonstrieren. Er ist sicher, dass Amerika, Australien und Portugal nur eines wollen: das ohnehin von der Wirtschaftskrise geschwächte Indonesien zersplittern. Jakarta ist fassungslos, wütend und gekränkt über die Ergebnisse des Referendums und versucht die Augen vor den Gräueltaten der Armee zu verschließen.

Auch Studenten und Kommentatoren in den Zeitungen finden verständlich, was ihnen Armeechef Wiranto und viele Politiker in den letzten Tagen immer wieder vorgebetet haben: Dass die proindonesischen Milizen, die Osttimor nun terrorisieren, „enttäuscht“ und „emotional“ reagieren, weil sie beim Referendum verloren haben.

So sagt Präsidentenberaterin Dewi Fortuna Anwar: „Man kann sich vorstellen, dass es für die Militärs eine große psychologische Belastung ist, wenn sie sich diesen Leuten nun in den Weg stellen sollen, mit denen sie in den vergangenen 23 Jahren zusammengearbeitet haben.“

Für den Gemeindechef von „Wisma Seroja“ und den jungen Aktivisten ist eines jedoch klar: Die größte Schuld an der ganzen Misere mit Osttimor trägt der gegenüber dem Ausland liebedienernde Habibie. „Präsident“, so schwören sie, „wird der nicht wieder.“

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