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Mein Bauch macht mir Gedanken“

■ Das geheime Fernsehtagebuch der Verona F., zweite Folge: die Scheidung – aber immerhin Jimmy Hartwig in der Sendung

18. November 1996

Vor der Sendung eben schnell Dolly einen Jokus auf die Möpse gepinselt. Bin weiterhin ganz begeistert von mir. Also, Tagebuch, spitze deine Ohren, stell deine Lauscher auf, und dann kommt's.

„Und auch die Religion wollen wir heute nicht zu kurz kommen lassen. Warum hat Gott den Mann erschaffen? Wegen der Fortpflanzung. Wegen des Bankkontos. Weil es Eva so wollte.“ Die Antwort bekommen Sie gleich. „Antwort d) ist richtig. Gott erschuf den Mann, weil ein Vibrator nicht Rasen mähen kann.“ Das war eine schenkelgespreizt überdehnte Pointe at him best. Könnt' mich totlachen. (Besser nicht. Freude bei B. zu groß.)

[Das nächste Jahr führte Verona Feldbusch offenbar nur sporadisch Tagebuch. Oder sie hält es wg. des starken Medieninteresses unter strengem Verschluss. Womöglich hinderte sie auch ein besorgniserregendes Formtief an der Schriftstellerei. Der Spiegel 18/1997 berichtete über Pläne zur Umgestaltung von „peep!“: „Eine neue Deko und vielleicht ein neues Gesicht sollen ausprobiert werden. Gedacht ist etwa an Saskia Valencia, bekannt aus der RTL-Serie ,Gute Zeiten, schlechte Zeiten‘, die bei ,peep!‘ bereits einsprang, als Feldbusch mit ehelichen Blessuren das Krankenhaus hütete.“ Die wenigen uns zugespielten Einträge aus dem Annum 1997 im folgenden.]

30. März 1997

Dildo was here. Was not amused. Sage dem Stern ganz was anderes. Inszeniere „Gipfeltreffen der Geschmacklosigkeit“ [Bild, 5. März 1998]. Medienpolitik.

27. Mai 1997

Scheidung. Muss endlich diese Frisur nicht mehr sehen. Ich kann vielleicht nicht bügeln und nicht kochen, Dieter kann aber nicht mal richtig Auto fahren und in den Spiegel gucken. Sonst hätte er sich längst umgebracht.

19. Oktober 1997

Karl Dall kommt überall.

[Das Annum 1998 eröffnet eine ausführliche Notation. Dann erhebliche Lücken. Etwa ab der Mitte des Jahres sind die Aufzeichnungen fast komplett. Sie enden mit der Demission Verona Feldbuschs von ,peep!‘.]

18. Januar 1998

Jimmy Hartwig in der Sendung. Bisschen fett geworden. Mein Bauch macht mir auch Gedanken. Zu viel Schokos. Aber er gehört mir, L. kann sagen, was er will, die alte Schwuchtelschachtel. (Wenn das hier mal veröffentlicht wird, werden mich die Leute von einer ganz anderen Seite kennen lernen.) Er nickt viel und gern, ihm sitzt der „Schalk“ im Nacken. Spricht frei von der „Leber“ weg (nimmt ab und zu, sagt K., einen mehr zur Brust). „Immer wieder die Frauen! Zwei, drei Stück, die kenne ich, grad' mal, kennengelernt hab' in meinem Leben. Um das mal kurz zu erklären: Ich bin gegenüber Frauen einfach charmant und will gegenüber Frauen einfach nur nett sein. [...] Ich flirte wahrscheinlich gern, das ist mein Ding. Ich flirte, ich reize, um mich selber zu bestätigen. Da steh' ich auch dazu. [...] Und wenn da jemand von mir denkt, dass ich jeden Abend 'ne andere Frau bums', ist das dem sein Problem.“

Wem ist wessen sein Problem von wen? Wieso verwechselt Jimmy die Fälle? Die Geschlechter? Ist's die neue Zeit? Kenn' mich bald nicht mehr aus. Dem müssten mal in das Spraakschulen geschicken wird.

Den behämmerten Dativ-Akkusativ-Witz mach' ich bei jedem Interview, und die blöden Elsen drucken's brav. Welch arschbreite Langeweile im deutschen Pressewesen.

Ich kann mich bald selber nicht mehr sehen – auf all diesen drittklassigen Schmier-TV-Gazetten. Klingt das jetzt zu kritisch, liebes kritisches Tagebuch? (Künftig kürzer fassen. Tagebuch auf diese Manier zu kräftezehrend. Will nicht so sehr schreiben, sondern pömpeln. Egal wo, egal wie.)

Jürgen Roth

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