: Entwicklungshilfe: Note „ausreichend“
■ Die Kreditanstalt für Wiederaufbau setzt jedes neunte Projekt in den Sand. Drei von vier gelten aber als insgesamt erfolgreich
Berlin (taz) – „Drei Viertel unserer Projekte sind erfolgreich verlaufen“, freute sich gestern Rudolf Klein, Vorstandsmitglied der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Diese staatliche Kreditanstalt vergibt im Rahmen der „finanziellen Zusammenarbeit“ Kredite an Entwicklungsländer. Sie untersteht dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Es war ein bisschen wie bei einer Zeugnisverleihung: Für jedes Projekt, das die KfW finanziell unterstützt, gab es Noten. Die Note Eins für „sehr gute und gute entwicklungspolitische Wirksamkeit“, die Note Sechs bei „völligem Scheitern des Vorhabens“.
Was bei der KfW „erfolgreich“ genannt wird, hätte bei jedem Schüler die Versetzung stark gefährdet: Zwar erhielten etwas mehr als 70 Prozent der Projekte eine Note zwischen „sehr gut“ und „insgesamt ausreichend“. 34-mal wurde die Note Vier für „insgesamt unzureichende entwicklungspolitische Wirksamkeit“ vergeben, 19-mal die Note Fünf und sechsmal sogar die Note Sechs.
Mit der Notenvergabe hatte das BMZ ein privates Wirtschaftsprüfungsunternehmen beauftragt. Wichtigstes Bewertungskriterium: Ist das Ziel des Projekts überhaupt erreicht worden? Weiter flossen die betriebs- und gesamtwirtschaftlichen Effekte, soziokulturelle Folgen, Umweltwirkungen und Nachhaltigkeit in den Katalog ein. Rainer Falk vom Entwicklungsverband Weed zweifelt an der Aussagekraft dieses Gutachten: „Ich halte es für zweifelhalft, ob private Wirtschaftsprüfer geeignet sind, ein Entwicklungsprojekt auf seine sozialen und ökologischen Effekte zu prüfen“, sagte Falk der taz.
Eine Note erhielten alle Vorhaben der „Finanziellen Zusammenarbeit“ , die in den Jahren 1996 und 1997 abeschlossen wurden: 195 Einzelprojekte, darunter eine Düngemittelfabrik in Ägypten, 24 Strukturanpassungprogramme – beispielsweise die Reform des Finanzwesens in Bangladesh sowie 18 Vorhaben zur Förderung des Finanzsektors – wie die Kreditvergabe an eine indische Entwicklungsbank. Gefördert werden 58 Länder; fast die Hälfte der Finanzhilfe erhält Afrika.
Wenn 70 Prozent der KfW-Vorhaben erfolgreich durchgeführt worden sind, heißt das ja, dass 30 Prozent gescheitert sind. Das sollte Anlass zur Besorgnis sein“, findet Falk. Bei einem Gesamteinsatz von 7,5 Milliarden staatlicher Gelder sind das 2,5 Milliarden, die die Kreditanstalt – mehr oder weniger – in den Sand gesetzt hat. Tatsächlich gibt die KfW zu, 11 Prozent ihrer Projekte seien „glatte Fehlschläge“.
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sagte, die KfW werde schon bald auch im Auftrag der Europäischen Union die finanzielle Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern übernehmen. Apropos Finanzen, meinte Wieczorek-Zeul, Geld sei natürlich nicht alles. Und fügte, wie seit der Eichelschen Kürzung ihres Etats schon zur Regel geworden, hinzu: „Im Übrigen meine ich, dass mein Ressort endlich wieder mehr Geld und mehr Gewicht bekommen muss.“ Erst am Dienstag hatte sie betont, sie werde am – längst utopischen – Ziel festhalten, 0,7 Prozent des Sozialprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben. Katharina Koufen
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