: Die Erben der Militärdiktatur
Argentinien ist nach Brasilien mit 36 Millionen Einwohnern das zweitgrößte Land Südamerikas. Da die meisten Argentinier Nachkommen von Einwohnern aus Europa sind, beharren viele darauf, eher Europäer als Amerikaner zu sein.
Von 1976 bis 1981 wütete in Argentinien die blutigste Militärdiktatur Lateinamerikas. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass dreißigtausend Menschen von den Militärs verschleppt und ermordet wurden. Noch heute wissen viele Familien nicht, wo ihre Verwandten ermordet wurden, geschweige denn von wem.
Nach der Rückkehr zur Demokratie stellte der damalige Präsident Raúl Alfonsin als erster lateinamerikanischer Staatschef die Junta vor Gericht. Die Militärs wurden verurteilt, aber bald darauf freigelassen. Heute sichern zwei Amnestiegesetzte allen Militärs Straffreiheit zu.
Alfonsin hatte die schwierige Aufgabe, das wirtschaftlich heruntergewirtschaftete Land in der Hochzeit der Schuldenkrise der Achtzigerjahre von den Militärs zu übernehmen. Mit Inflationsraten von bis zu fünftausend Prozent pro Jahr versank die Wirtschaft im Chaos. Als Menem 1989 die Wahlen gewann, machte er sich daran, das Land zu stabilisieren.
Buenos Aires hat heute so hohe Lebenshaltungskosten wie Berlin – bei sehr viel geringeren Durchschnittslöhnen. Die harte Währung ist für das Land sehr teuer und hat dazu geführt, dass der Export noch weiter gesunken ist, daher ging die Industrieproduktion dieses Jahr zurück.
Wegen der Hyperinflation ist eine Abkehr von der Pesodollarkonvertabilität bei den morgigen Wahlen kein Thema. Weder die Justizialistische Partei (PJ) des amtierenden Präsidenten Carlos Menem noch das Bündnis Alianza, zu dem sich die Radikale Bürgerunion und die Mittelinkskoalition Frepaso zusammengeschlossen haben, wollen den Wirtschaftskurs von Menem ändern. Beide versprechen, das Modell sozial abzufedern, ohne konkrete Pläne dafür in der Schublade zu haben.
In den Umfragen führt derzeit deutlich der Alianza-Kandidat, der Bürgermeister der Stadt Buenos Aires, Fernando de la Rúa, vor dem Gouverneur der Provinz Buenos Aires, dem Peronisten Eduardo Duhalde (PJ). Duhalde, nicht gerade Menems Kronprinz, und die Peronisten leiden darunter, während der Amtsperiode von Menem keinen Kandidaten aufgebaut zu haben. De la Rúa profitiert davon, dass die Peronisten zu Beginn des Wahlkampfes kein geschlossenes Bild gezeigt haben. Außerdem steht vielen Argentiniern der Sinn nach einem Regierungswechsel. De la Rúa ist daher eher ihr Zufallskandidat.
Der nächste Präsident muss versuchen, die Währung stabil zu halten, muss mit der nicht begleichbaren Außenschuld fertig werden und die Programme vom Internationalem Währungsfond zu erfüllen suchen.
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