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Das Jahrtausendunheil bannen

■ Sekte stellt in Portugal leuchtende „Kreuze der Liebe“ auf

Pater Joaquim Milheiro predigt die Angst vor einem „Effekt 2000“ ganz besonderer Art. Der Vorsitzende der Bruderschaft des Jungen Christus im nordportugiesischen Famalicao beschwört für das Ende des Millenniums „eine apokalyptische Katastrophe“ herauf, „wie sie die Welt seit der Sintflut nicht mehr gesehen hat“. Eine Sonnenfinsternis werde „zu einer weltweiten furchtbare Dürre“ führen. Die Folge: „Brände werden ganze Städte zerstören.“

„Die Fusion der Welt“ in einem glühenden Feuerball stehe bevor. Doch mit Hilfe von Milheiro ist das Unheil abwendbar, „indem wir die Erde für das Reich Gottes vorbereiten“.

Wie das gehen soll? Dafür hält Milheiros Bruderschaft ein Wundermittel parat: ein Kreuz ganz besonderer Maße. 7,38 Meter ist es hoch – ein Zentimeter für jeden Meter des Kreuzigungsberges Golgata. Es ist aus weißem und blauem Plexiglas gefertigt und erhellt nachts das Dunkel der Welt mittels im Inneren installierter Neonröhren. Das bläulich kalte Licht soll die Apokalypse fernhalten. Ursprünglich sollten sie 100 Mal so groß sein. Aber die weltliche Technik steckte den Propheten der Erlösung allzu materielle Grenzen. Eine Nummer kleiner soll es jetzt auch tun.

Bereits 76 dieser „Cruzes de Amor“ – „Kreuze der Liebe“ haben die Anhänger des Jungen Christus in Portugal aufgestellt, die Hälfte davon im erzkatholischen Norden des Landes.

Der Kreuzzug „für die Befreiung von der Modernen“ hat allerdings erst begonnen. „Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts werden wir die Läuterung der Welt erreicht haben“, ist sich Milheiro sicher. Bis dahin sollen sich überall auf der Welt seine Kreuze, „wie eine Mauer gegen den großen Sturm, der die Erde heimsuchen wird“, in den nächtlichen Himmel erheben. Wen wundert es da, dass die Fabrikation im Dienste der göttlichen Liebe bereits auf Hochtouren läuft: Der Hersteller für Leuchtreklamen Luz Acril in Famalicao hat die Exklusivrechte für die Fertigung der Cruzes de Amor.

Die Pläne stammen von den beiden französischen Wahrsagerinnen Madeleine Aumont und JNSR. Die werben mittlerweile selbst im Internet für ihr göttliches Produkt. Denn die Anweisungen zum Kreuzzug erhälten die Wahrsagerinnen von keinem geringeren als von Jesus selbst. Die Tagesbefehle sind unter http://perso.club- internet.fr/dozule/croixus.html nachzulesen.

Die Bischofskonferenz in Lissabon ist entsetzt. „Eine Verschleuderung von Energien, die durch nichts in der Bibel gerechtfertigt ist“, sei das Treiben der Bruderschaft des Jungen Christus. Doch trotz dieser harschen Worte von oben greifen immer mehr Pfarrer in die Gemeindekasse, um sich und ihre Schäfchen auf die Jahrtausendwende vorzubereiten. Für 600.000 portugiesische Escudos (6.000 Mark) kann die göttliche Leuchtreklame erstanden werden, Aufbau mit inbegriffen. Das Geschäft läuft gut. Vor allem, seit die Bruderschaft ein zweites Produkt ins Sortiment aufgenommen hat. Cruzes de Amor für Einzelkämpfer, umgeben von Ungläubigen. Mit 73,8 Zentimeter ist es noch eine Nummer kleiner, und auch nur ein Zehntel so teuer wie sein großes Gegenstück. Die Miniaturausgabe sei hervorragend für den Vorgarten oder den Dachgiebel des Eigenheims geeignet, wirbt die Bruderschaft.

Dieses Modell erfreut vor allem im roten Süden Portugals großer Beliebtheit. Hier, wo einst nach der Nelkenrevolution kommunistische Landkooperativen den Ton angaben, ist nämlich an kollektive Kreuzzüge nicht zu denken. Hier sind Missionare gefragt. Die Zeichen der christlichen Liebe sollen gegen die „kommunistische Sündiger“ helfen, glauben die Anhänger Milheiros. Reiner Wandler

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