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■ die anderenDer „Kölner Express“ sieht in der Rentner-Demo ein Indiz rot-grüner Krise / Die „Bild“-Zeitung unterstützt die Proteste der Rentner / Die Münchner „Abendzeitung“ meint hingegen / Die „Stuttgarter Zeitung“ meint zu Schily und dem Asylrecht

Der Kölner Express sieht in der Rentner-Demo ein Indiz rot-grüner Krise: Wie es im Inneren aussieht, geht niemand etwas an. Ein Kanzlerwort, das mehr aussagt über den Zustand von Rot-Grün als alle wortreichen Erklärungen. Der Kanzler, der angetreten war, Modernisierung und Gerechtigkeit in Einklang zu bringen, steht vor einem Scherbenhaufen. Daran ändern alle Durchhalteparolen nichts. Überall gärt es: in der Koalition, der Partei, an der Basis. Die Renter-Proteste in Berlin waren bereits die neunte Frust-Demo gegen einen Regierungschef in nur einem Jahr – einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik. Natürlich ist klar, dass es ein Kanzler nicht jedem recht machen kann. Aber eine realistische Perspektive vernünftiger rot-grüner Politik kann man nach einem Jahr erwarten.

Die Bild-Zeitung unterstützt die Proteste der Rentner: Zum ersten Mal sind in Deutschland jetzt die Rentner auf die Straße gegangen. Ausgerechnet die Generation, die unser Land aufgebaut hat, fühlt sich von der Politik verschaukelt. Rentner in Bussen über Stunden unterwegs nach Berlin, alte Frauen mit Trillerpfeifen im Mund – das muss ein Alarmsignal für alle sein. Bei allem Zwang zum Sparen: Wenn schon die Alten das Vertrauen in die Politik verlieren, wie sollen es die Jungen dann erst bekommen?

Die Münchener Abendzeitung meint hingegen: Die Ruheständler haben im Durchschnitt fast so hohe Einkommen wie Arbeitnehmer-Haushalte, nur noch wenige Rentner sind auf Sozialhilfe angewiesen, jedoch immer mehr Familien mit Kindern. Die unvermeidbare Rentenreform wird den jetzigen Renten-Einschnitt verblassen lassen.

Die Stuttgarter Zeitung meint zu Schily und dem Asylrecht: Nun sagt Schily: Das deutsche Asylrecht lässt sich nicht halten. Da wird sich ein neuer Konflikt mit den Grünen auftun, den Verfechtern einer großzügigen Asylpolitik. Auf die Feststellung, er sei einst doch ein glühender Verfechter des Grundrechts auf Asyl gewesen, antwortet Schily: „Ich leiste mir den Luxus des Denkens und prüfe deshalb, ob eine Rechtsnorm in der Wirklichkeit einlöst, was sie verspricht.“ Was heißt hier „Luxus des Denkens“? Denken ist doch eine Notwendigkeit. Wolfgang Zeidler, SPD-Mitglied, meinte schon 1978, dieses Grundrecht sei nicht zu halten und könne durch ein einfaches Gesetz ersetzt werden. Hätte man damals schon nachgedacht, wären wir auf dem Weg der europäischen Rechtsangleichung weiter.

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