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Schlag auf Schlag around the world

■ Die Red Hot Chili Peppers inszenierten in der Arena großes und perfektes Rocktheater

Nach dem Red-Hot-Chili-Peppers-Konzert am Montagabend in der Arena wird an den Ausgängen die Zeitschrift Blond kostenlos verteilt. Das notleidende „Magazin für Musik, Lifestyle und Sport“ mag das Konzert mit präsentiert haben, doch irgendwie liegt hier ein Missverständnis vor: Die Red Hot Chili Peppers sind schon lange nicht mehr eine Band, deren Fans aus Skatern, Surfern und Snowboardern besteht. Die Chili Peppers kommen zwar aus Los Angeles und gelten als die Erfinder von Crossover, jener unguten Mischung aus Funk, Metal und Sprechgesang. Seit gut einem Jahrzehnt aber spielen sie in einer völlig anderen Liga: Rock, Groß-Rock, Superstar-Rock.

Das Publikum sieht demnach auch nicht so aus, als würde es sich gern auf irgendwelchen Brettern fortbewegen. Es gehört eher in die Kategorie Bier trinken, Joints rauchen und sich guter, alter Zeiten erinnern. Daran, wie die Chili Peppers die Großrocker wurden, die sie heute sind: „Under The Bridge“ hieß die Rockballade, auf die sich Anfang der Neunziger wirklich alle einigen konnten. Dieser Song ordnete die Rockwelt neu, brachte die Alternative Rock und Grunge erst richtig auf den Weg. Trotz Nirvana, Pearl Jam oder Faith No More.

Danach ging alles wie von selbst: Während andere Bands das Zeitliche segneten, neue Bands kamen und gingen, sorgten die Chili Peppers für Kontinuität, auch als kein Mensch sich mehr für Rock aus Amerika interessierte. Wegen Motorradunfällen, Drogenexzessen und ständigen Trouble mit Gitarristen nahmen sie sich allerdings immer viel Zeit: Neue Alben gab's nur im Vier-Jahres-Rhythmus, Touren durch Europa ebenfalls. Und auch an diesem Abend in der Arena hat die Band es nicht eilig: Während sich die Umbaupause nach dem müden Auftritt der Stereophonics zieht und zieht, wird das Publikum mit Musik von Portishead eingeschläfert. (Obwohl Portishead auch Sinn macht: Denn die dürften vor fast drei Jahren die letzten gewesen sein, die die Arena so ausverkauft haben wie die Chili Peppers.)

Die Red Hot Chili Peppers lassen sich dann aber von Anfang an nicht lumpen und werfen sofort ihre Hitmaschine an: „Around The World“, „Give It Away“, der neue Hit „Scar Tissue“ – natürlich auch eine Ballade – und „Otherside“. Das geht Schlag auf Schlag, Hit folgt auf Hit. Hier wird Musik gemacht und nicht rumgekaspert, hier wird Können demonstriert, hier werden keine Hosen runtergelassen.

Was die Band um Sänger Anthony Kiedis, Bassist Flea und den alten und neuen Gitarristen John Frusciante da inszeniert, ist großes, geiles und sämiges Rocktheater. Selbst der dicke, fette Funk, der auf den Alben oft nervt, kommt gut: Sein Anteil scheint zurückgeschraubt oder ist perfekt integriert. Nach „Under The Bridge“ (Feuerzeuge hoch, na klar!) treibt es die Band bei der Zugabe allerdings auf die Spitze mit dem Rock-Handwerk: Die dauert sicher fünfzehn Minuten und besteht aus einer Art Medley, in dem jeder der vier Musiker sein Solo bekommt.

Willkommen in den Siebzigern! Und trotzdem: Hatte man beim Auftritt von Pavement letzte Woche das Gefühl, dass da was zu Ende geht, scheint bei den Chili Peppers das Gegenteil der Fall zu sein. Um die braucht sich keiner Sorgen zu machen. Wenn die Herren sich vertragen, werden sie so alt und so berühmt wie die Stones

Gerrit Bartels

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