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Saar-Grüne halten treu zu ihren Skandalnudeln

■ Landesparteitag: Neue Satzung soll Neuanfang bringen. Personell bleibt alles wie gehabt

St. Ingbert (taz) – Nur noch 3,2 Prozent gab es für die Grünen an der Saar bei der letzten Landtagswahl; und bei den Kommunalwahlen verloren sie 50 Prozent ihrer Wähler – aus diesem Desaster zog der Landesparteitag am Sonntag in St. Ingbert erste Lehren: Eine Satzungs- und Strukturkommission soll eingerichtet werden, um bis Ende April 2000 einen Entwurf für eine neue Satzung zu erarbeiten.

Auch die Programmatik der Partei wird überarbeitet. Der Wahlkampfslogan „Unsere Verantwortung hört nicht bei der Ökologie auf“ sei nämlich „im Prinzip richtig gewesen“, sagte Christian Molitor, gescheiterter Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen. Beifall dafür gab es auch von Bundesgeschäftsführer Bütikofer, und für die „sachliche Aussprache“.

Also ein „neuer Aufbruch“ bei den Grünen an der Saar? Mitnichten. Die „sachliche Aussprache“ mit anschließender Beschlussfassung war nur möglich geworden, weil der Parteitag mit der Mehrheit der Ulrich-Gefolgsleute die strittigen Punkte „Finanzen“ und „Haushalt 2000“ von der Tagesordnung verbannte – der Bezirksverband Saarlouis des ehemaligen Landtagsabgeordneten Hubert Ulrich stellt noch immer rund 800 „Schein“-Mitglieder.

Ulrich und seinem damaligen Landtags-Kollegen Andreas Pollak war nach einer Kassenprüfung vorgeworfen worden, Beträge in Höhe von bis zu 100.000 Mark nicht an die Partei abgeführt zu haben. Seit 1994 müssen die Landtagsabgeordneten der Grünen im Saarland 15 Prozent ihrer Diäten und 500 Mark von ihrer Aufwandsentschädigung „spenden“.

In persönlichen Erklärungen räumten die „Skandalnudeln“ Ulrich und Pollak, so eine Parteifreundin, ein, die Überweisungen im Herbst 1998 eingestellt zu haben: aus Verärgerung über einen Parteitag, auf dem „unfair“ mit ihnen umgegangen worden sei. Ulrich war da gerade der lukrative Verkauf von Autos nachgewiesen worden, die er zuvor mit Rabatten für Landtagsabgeordnete erworben hatte; Pollak wurde erwischt, als er Badematten klauen wollte. Am Sonntag bot Ulrich dem Vorstand Verhandlungen über die Nachzahlung von 50.000 bis 60.000 Mark an; Pollak will 20.000 Mark überweisen. In Saarlouis ist Ulrich schon wieder als Vorstandssprecher „im Gespräch“. Die „bizarre saarländische Form des Berufspolitikertums“ nannte das der ehemalige Bundesschatzmeister der Partei, Henry Selzer.

Dass die Partei mit Ulrich keine Zukunft hat, wissen die meisten Grünen; gesagt wurde es bislang aber nur hinter vorgehaltener Hand. Aus der Deckung gewagt hat sich jetzt Simone Peter, die Energiereferentin des Landesvorstandes aus Saarbrücken: „Wieder ein Vorstandssprecher aus Saarlouis? Bitte schön. Aber Hubert Ulrich kann das nicht sein.“

Klaus-Peter Klingelschmitt

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