„Geschichtslos wie ein Schwein“

betr.: „Größenwahn zur Jahrtausendwende“, „Millenniums-Spektakel in schlechtem Licht“, taz vom 7. und 10. 12. 99

[...] Eine kulturpolitische Sprecherin, die allen Ernstes behauptet, dass die Siegessäule „Krieg verkörpere“, kann wirklich nur eine Randpartei vertreten und muss wohl jeden Kontakt zum Leben verloren haben. Die Siegessäule ist heutzutage in Berlin Symbol für Schwule und Loveparade, und das Ausland denkt bei der Siegessäule einzig an Wim Wenders’ „Himmel über Berlin“. Die größte Parallele zur Nazi-Zeit ist in diesem Fall einzig die deutsche Verbissenheit, mit der man versucht, alles auszumerzen, was nicht in das eigene beschränkte Weltbild passt. R. Roth

Die Unbefangenheit, mit der manche Leute die Ästhetik der Nazis zitieren, ist schon enorm: [...] Die Reklame für Kosmetika: Dort ist die Riefenstahlisierung weit fortgeschritten, wie auch in der Fit-und-Fun-Welle viel Nazikörperkult zu stecken scheint, wenn man die Werbung der entsprechenden Einrichtungen betrachtet. Kaufhäuser werben mit „Jedem das Seine“. Architekten bauen symmetrische Tempel und setzen ihnen noch eine Kuppel drauf. Auch Veranstalter können auf Lichtdome nicht verzichten, wenn sie der Provinz irgendwelche „Events“ bescheren, so wie die Bundeswehr noch heute (!) unter sozialdemokratischem Oberkommando (!) Zapfenstreich veranstaltet. Arno Breker wird ausgestellt und Hochschulen kürzen das Sommersemster mit „SS“ ab ... Der Zusammenhang? „Geschichtslos wie ein Schwein“, hat Peter Rühmkorf mal gesagt. Albert Ernst

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